Landeshauptstadt: Sonne zum Fliegen
Bertrand Piccard hat mit einem Ballon die Welt umrundet. Gestern hat er in Potsdam seinen neuenTraum vorgestellt
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Babelsberg - Tragflächen mit 80 Metern Spannbreite, Zwei Tonnen Carbon, Lithium-Batterien und 250 Quadratmeter Solarzellen, daraus besteht der neue Traum des Schweizers Bertrand Piccard. Piccard will mit einem Solarflugzeug die Welt umrunden – fliegen ohne Kohlenstoffdioxid zu produzieren. Der erste Prototyp ist bereits gebaut. Geplanter Start: Im Jahr 2011. Gestern stellte er im Hasso-Plattner-Institut in Babelsberg sein Projekt „Solarimpulse“ vor. Vorher sprach er dort aber erst noch von seinem alten Traum, den er sich 1999 erfüllt hat. Mit einem Heißluftballon ist er als erster einmal um die Erde gereist. In 19 Tagen, 21 Stunden und 55 Minuten. Er hat den längsten Flug der ganzen Luftfahrtgeschichte verwirklicht und insgesamt sieben Weltrekorde aufgestellt.
Jetzt steht der 50-Jährige auf der Bühne und spricht, spricht, spricht. Keine Haspler, dafür genau gesetzte Pointen. „Es ist nicht wichtig, gute Ideen zu haben“, sagt er. „Wenn sie die Augen für zwei Minuten schließen, fallen ihnen vielleicht 200 Ideen ein.“ Wichtig sei es, eine gute Idee zu realisieren. Und, das erklärt Piccard auch, ein Projekt müsse erst einmal unmöglich klingen. Nur so finde man dafür Sponsoren dafür. Nur so erhält man Gelder für die Erforschung eines Themas. Gute Ideen zu verwirklichen liegt in der Familie von Bertrand Piccard. Sein Großvater Auguste hat 1932 einen Ballon-Höhenrekord von 15 785 Meter aufgestellt und ein U-Boot zur Erforschung der Tiefsee erfunden. Sein Vater Jacques Piccard wiederum stellte einen Tauchrekord mit einem Tauchboot auf und entwickelte ein U-Boot für Touristen.
Bertrand Piccard hat seinen Vortrag schon oft gehalten, auf der ganzen Welt. Der durchtrainierte Mann mit dem Headset-Mikrofon auf dem kahlen Kopf wirkt eher wie ein Motivationstrainer. Abenteurer stellt man sich anders vor, eher ein bisschen weltfremd und zumindest mit einem Dreitagebart. Piccard dagegen ist glatt rasiert. Neben seiner regelmäßigen Rekordjagd arbeitet der studierte Psychiater in der eigenen Psychologen-Praxis. Dort gibt er auch Hypnose-Kurse. Das erklärt vielleicht die durchdringenden stahlblauen Augen.
Während seiner Erdumrundung hätte es schon einige Momente gegeben, wo er und sein Begleiter Brian Jones Todesangst gehabt hätten. Über dem Pazifik zum Beispiel. Da wehte der Wind so schwach, dass ihr Ballon kaum von der Stelle kam. Das nächste Ufer war tausende Kilometer entfernt. „Da gab es auch kein Zurück mehr“, erzählt Piccard. Aber das mache eben ein Abenteuer aus. „Wenn man es abbrechen kann, ist es nur Urlaub“, sagt er. Das Publikum lacht.
Im Hörsaal des Plattner-Instituts sitzen rund 250 Fachleute aus Wirtschaft und Industrie. Mit dabei sind auch Vertreter sozialer Unternehmen und Hilfsorganisationen. Denn das Thema der Tagung, zu der die Hasso Plattner Ventures GmbH eingeladen hat, heißt: „Social Entreneurship“ – soziale Unternehmerschaft. Die Plattner-Auszeichnung als „Sozialer Unternehmer des Jahres“ geht an Rael Lissoos aus Südafrika. Seine Firma DABBA Telecoms versorgt ein Elendsviertel bei Johannesburg mit preiswerten Telefon- und Internetangeboten. Die Bewohner können so am digitalen Zeitalter teilhaben.
Als sozialer Unternehmer gilt auch Piccard. Nicht nur weil sich seine Stiftung „Winds of Hope“ Hilfsorganisationen unterstützt, die kranken Kindern in Afrika hilft. Sondern wegen seines neuen Projekts. Dabei geht es nicht um Weltrekorde. Piccard will eine Kommunikationsplattform für neue technische, ökologische und ökonomische Wissenschaften schaffen. Seine Flugaktion soll potentielle Sponsoren darauf aufmerksam machen.
Juliane Wedemeyer
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