
© A. Klaer
Von Matthias Matern: Sonntagsverkauf bleibt Dilemma
Nach Landtagsablehnung keine Lösung in Sicht / Im Holländischen Viertel machten Händler dennoch auf
Stand:
Innenstadt - Läden zu, Läden auf: Nachdem Initiativen zur Lockerung des brandenburgischen Ladenöffnungsgesetzes zugunsten des Holländischen Viertels vergangene Woche gescheitert sind, schufen einige Händler am gestrigen Sonntag Fakten. Vor allem im Holländer-Karree zwischen Gutenberg- und Benkertstraße waren Geschäfte geöffnet und boten auch Waren an, für die das Sonntagsverkaufsverbot gilt. Unklar blieb, ob dies als Trotzreaktion gemeint war. Die Stadt habe ihre Meinung geändert, hieß es in einem Laden als Begründung. Andere Geschäfte im Viertel blieben geschlossen.
Eine Lösung für das Problem Sonntagsverkauf vor historischer Kulisse scheint indes in weitere Ferne gerückt. Wie berichtet, gab es vergangene Woche im Landtag keine Mehrheiten für eine Lockerung der Sonntagsregelung. Jan Kickinger, Geschäftsstraßenmanager beim Stadtkontor und zuständig für die Innenstadt und Babelsberg, zeigte sich davon enttäuscht. Der Antrag der FDP-Landtagsfraktion sei „inhaltlich im Prinzip perfekt“ gewesen, „hätte die Kuh sauber vom Eis geholt“, sagte er. „Ich befürchte, dass das Thema jetzt nicht mehr angefasst wird“, so Kickinger.
Im Landesparlament waren sowohl die FDP mit ihrem Antrag zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes als auch die CDU mit einem Entschließungsantrag gescheitert. Statt mit einer Gesetzesänderung wollten die Christdemokraten die bestehende Regelung mit einer Verordnung aufweichen. Damit sollte das Warenangebot, das über die regulären sechs verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage hinaus angeboten werden darf, deutlich erweitert werden. Zudem sollten Kommunen künftig stärker selbst entscheiden dürfen, in welcher Straße geöffnet werden darf und wo nicht. Doch auch dafür gab es von der rot-roten Regierungskoalition keine Zustimmung.
Jetzt bemühen sich sowohl CDU als auch SPD darum, den Einzelhändlern entgegenzukommen. Die Christdemokraten versuchen zunächst, den Eindruck zu vermeiden, dass eine „Lex Potsdam“ geschaffen werden solle. Die Sonntagsregelung sei „nicht nur ein spezifisches Potsdam-Thema“, sagte die CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig. Auch Potsdams Geschäftsstraßenmanager Kickinger meint, es handle sich nicht um ein „Potsdamer Luxus-Problem“. Es gebe im Land viele Orte mit historischen Innenstädten, die von einer Lockerung profitieren würden. Ludwig kritisierte, die Landesregierung trage die touristische Entwicklung Brandenburgs wie eine „Monstranz“ vor sich her, verweigere sich aber einer adäquaten Lösung des Problems.
Tatsächlich erteilte Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) einer „radikalen Änderung des Gesetzes“ und der „Forderung nach einem deutlich erweiterten Warenkorb“ jüngst eine Absage. Allerdings wolle der Minister in Gesprächen mit Händlern, Gewerkschaft und Kirchen eine „vernünftige Lösung“ erzielen, hieß es. Indirekt riet Baaske den kommunalen Verwaltungen, bei der Auslegung der Warenbeschränkung nicht so kleinlich zu sein. Auch die Potsdamer Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) sagte, bestehende Spielräume müssten ausgelotet werden. Der Schutz des Sonn- und Feiertages wäre beispielsweise nicht verletzt, wenn der kleine, inhabergeführte Einzelhandel in innerstädtischen Bereichen an bis zu 40 Sonn- oder Feiertagen jährlich öffnen könne. „Auch bei der Begrenzung der Warengruppen sehe ich noch Spielraum, um zu einer widerspruchsfreien und tragfähigen Lösung zu kommen.“ Auch Potsdams SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs war für eine Ausweitung des Sonntagsverkaufs eingetreten. Angesichts dessen munkeln die betroffenen Händler, nicht in der Sache gebe es zwischen den Parteien Differenzen, sondern parteipolitische Profilierungssucht blockiere eine Lösung.
Eindeutig gegen eine Lockerung der Sonntagsregelung positioniert sich die Potsdamer Linke. Die Forderungen seien bisher nur an wirtschaftlichen Belangen festgemacht, so Linke-Kreischef Sascha Krämer. Es müssten die Rechte der Beschäftigten beachtet werden: Im Einzelhandel arbeiteten mehrheitlich Frauen, überwiegend in Teilzeit und oft ohne Tarifentgelt. Die Arbeitszeiten seien bereits jetzt familienfeindlich. Krämer sagte, es müsse zunächst ausgelotet werden, ob Potsdam alle Ausnahme-Möglichkeiten des Gesetzes genutzt habe. (mit SCH)
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