Von Kay Grimmer: Sorgen vergessen für einige Stunden

Echte Kerzen auf silbernen Lüstern auf jedem der über 30 Tische tauchten den großen Saal im Dorint-Hotel in warmes Licht. Weihnachtslicht für jene Potsdamer, die wahrlich nicht oft Lichtblicke haben. Über 500 sozial benachteiligte Potsdamer, Obdachlose und am Existenzminimum lebende Familien waren gestern Nachmittag zur Weihnachtsfeier der Arbeiterwohlfahrt (Awo) eingeladen, für einige Stunden die eigenen Sorgen und Nöte in den Hintergrund treten zu lassen.

Auch wenn einige Gäste aufgrund der Witterung erst verspätet zur Weihnachtsfeier gelangen – die Einladungen, die nicht nur die Awo-Einrichtungen sondern auch die Potsdamer Tafel und die Suppenküche ausgegeben hatten, waren begehrt. Die Organisatorin, Awo-Geschäftsführerin Angela Basekow, hatte auch den wohl mittlerweile bekanntesten Babelsberger Obdachlosen aus der Wollestraße eingeladen.

Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Medien ist vertreten beim Wohltätigkeits- nachmittag. Dirk Thiele, Eurosport-Moderator aus Potsdam und Gewinner der Goldenen Kamera, ist Schirmherr der Feier, SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein ist da, auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und seine Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) sind zu sehen. Außerdem mehrere Mitarbeiter aus dem Sozialbereich der Stadtverwaltung. Ewige Kritiker mögen das als Gutmenschentum-Werbung in eigener Sache abtun. Doch jene, für die die Weihnachtsfeier gedacht ist, freut die Anwesenheit. „Dann kann ich dem Oberbürgermeister mal sagen, in welchen Zuständen wir leben“, so Cornelia Veith. Die Potsdamerin wohnt mit ihrem Mann Sylvio und der neunjährigen Elisabeth am Brauhausberg, in einer Wohnung, „in der sich innen an den Fenstern Eis bildet.“ Schlecht isoliert, kaum zu beheizen, bildet sich Schimmel an den Wänden , sagte Cornelia Veith. Die Familie ist zum ersten Mal bei der Weihnachtsfeier, die zum zweiten Mal im Dorint-Hotel an der Jägerallee stattfindet. „Ich habe die Veranstaltung von meinem Vorgänger geerbt“, sagte Hoteldirektor Stefan von Heine, der erst seit Oktober das Potsdamer Haus der Hotel-Kette leitet. „Über eine Fortsetzung gab und gibt es keine Diskussion, alle Mitarbeiter stehen hinter dem Engagement“, so von Heine.

Neben Sonderkonditionen für die Anmietung und das Weihnachtsessen spendeten weitere Firmen rund 14 000 Euro für das Gelingen des Fests. „Das Gesamtbudget für diese Feier liegt bei 25000 bis 27 000 Euro“, so Basekow. 500 Geschenk-Tüten für Männer und Frauen wurden von den Awo-Ortsvereinen des Potsdamer Bezirksverbands gepackt – der Inhalt sind Spenden. Für die Geschenke der 55 angemeldeten Kinder griffen Awo-Mitarbeiter in ihren eigenen Geldbeutel, um die Tüten für die kleinen Besucher zu füllen, so Basekow.

Stadtoberhaupt Jakobs lobte das stete Engagement von Basekow für die Schwachen der Stadt. „Die heutige Veranstaltung symbolisiert, dass wir Benachteiligte nicht allein lassen wollen in ihrem Schicksal“, so Jakobs. Als Verwaltung werde man weiterhin alles daran setzen, dass Wohnungssuchende ein Obdach erhalten. Das solle auch über das Modellprojekt der Belegungsbindung für Wohnungen im Bestand gefördert werden. So sollen die Gewinne der städtischen Wohnungsgesellschaft Pro Potsdam dafür genutzt werden, Mieten bestehender Wohnungen zu senken, um sie der bedürftigen Klientel zur Verfügung zu stellen.