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Von Sabine Schicketanz: Sparen trotz Millionen-Plus

Potsdam machte 29,1 Millionen Euro Überschuss / Geld für die „hohe Kante“

Stand:

Potsdam ist nicht nur schön, sondern auch reich – allerdings nur vorübergehend, wenn es nach Stadtkämmerer Burkhard Exner (SPD) geht. Im Jahr 2008 hat die Landeshauptstadt ein Plus von 29,1 Millionen Euro verbucht. Gerechnet worden war mit einer schwarzen Null. Der Millionen-Überschuss hatte vor Weihnachten in der Stadtpolitik für Aufregung gesorgt, da Kämmerer Exner damit angeblich selbst Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) eine Überraschung bereitet haben soll. Immerhin hatte Jakobs nur einen Tag zuvor im Landtag die schlechte finanzielle Situation der Kommunen beklagt.

Potsdam stehe im Land sicherlich im Vergleich der vier kreisfreien Städte am besten da, sagte Exner gestern. Dennoch: Das 29,1-Millionen-Plus sei vor allem ein „Glücksfall“ im Rahmen der Umstellung der Potsdamer Haushaltsführung auf die doppelte Buchführung (Doppik). Dies weise die „Abweichungsanalyse“ nach, die Oberbürgermeister Jakobs nach der Überraschung angeordnet hatte. Für Exner steht nach der Analyse fest: Potsdams Haushaltspolitik muss und darf sich nicht verändern. Konsolidierung sei weiter das Ziel, der Sparkurs bleibe. „Wir können uns jede Diskussion darüber sparen, was wir mit den 29 Millionen Euro machen“, so Exner. Das habe nämlich der Gesetzgeber festgelegt: Überschüsse müssen laut Kommunalverfassung in die Rücklagen fließen – also „auf die hohe Kante“, so Exner.

Dort sorgen die 29,1 Millionen Euro aus 2008 dafür, dass Potsdam für 2011 erstmals seit Jahren einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen kann. Er müsste nicht von der Kommunalaufsicht genehmigt werden, sobald die Stadtverordneten zustimmen, würde er in Kraft treten. Das könnte, so Exner, bereits im April der Fall sein. Ende Januar will der Finanzbeigeordnete den Haushaltsentwurf ins Stadtparlament einbringen. Ein Haushaltssicherungskonzept (HSK), das die Sparmaßnahmen festschreibt, will Exner der Kommunalaufsicht des Innenministeriums für 2011 nur noch freiwillig vorlegen.

Zum Vergleich: Bisher musste das verschuldete Potsdam jeden Haushalt genehmigen lassen, ein HSK war Pflicht. Die Genehmigung dauerte meist bis zum Herbst, die Stadt stand lange unter vorläufiger Haushaltsführung. Dass 2011 alles schnell gehen könne, sei vorteilhaft: „Das ist gut für unsere Investitionen und die freien Träger“, so Exner.

Während der Finanzbeigeordnete für die Bilanz des Jahres 2009 noch einmal mit einem Überschuss von drei Millionen Euro rechnet, werde 2010 wohl wieder ein Minus bringen: ein Fehlbetrag von mindestens 14 Millionen Euro kalkuliert Exner. Der kann aber ebenso mit dem Ersparten aus 2007 (4 Millionen), 2008 (29) und 2009 (3) von insgesamt 36 Millionen Euro ausgeglichen werden wie die 21,5 Millionen Euro, die Potsdam laut Plan in diesem Jahr mehr ausgeben wird, als es einnimmt. Ab 2012 werde das Gesparte dann aufgebraucht sein, das Minus wachsen: auf maximal 74 Millionen Euro in 2014. Dafür verantwortlich seien vor allem steigende Kosten für Sozialleistungen und das Potsdamer Wachstum. Für Bedürftige zahlt Potsdam laut der Hartz-IV-Gesetze die Kosten der Unterkunft, die Eingliederungshilfe werde immer teurer, so Exner. Für Kitas, Kinder und Jugendliche werde die Stadt im Jahr 2014 rund zwölf bis 13 Millionen mehr ausgeben müssen als 2010. Gleichzeitig reduziere der Bund die Finanzierung für die Kommunen, das Land bekomme immer weniger aus dem Solidarpakt, der 2020 ganz ausläuft.

Oberbürgermeister Jakobs hatte jüngst bereits den Kurs für seine Finanzpolitik abgesteckt: Die freiwilligen Ausgaben – dahinter verbirgt sich alles, wofür die Stadt nicht per Gesetz verpflichtet ist zu zahlen – in Höhe von rund 40 Millionen Euro jährlich würden nicht reduziert. „Daran wird nicht gerüttelt“, bekräftigte Exner. Diese zehn Prozent des gesamten Haushaltsvolumens beispielsweise für Schwimmbäder, Bibliotheken, Sozialarbeit, die auch vielen Menschen aus dem Umland zugute kommen, seien „ganz entscheidend“, so der Kämmerer: „Sie machen Potsdam lebenswert.“ Um auch 2012 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, müsste man „die Hälfte davon streichen“, rechnete Exner vor: „Das wird es nicht geben.“

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