Landeshauptstadt: Spatenstich im Auenland
Die Investitionsbank Brandenburg gibt am heutigen Donnerstag den Startschuss für den Bau ihres neuen Hauptsitzes in den Nuthewiesen gegenüber des Hauptbahnhofs. Insgesamt 94 Millionen Euro darf die Bank dort ausgeben
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Innenstadt - Drei transparente Pavillons in einer Auenlandschaft. So beschreibt ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger das geplante Antlitz der neuen Repräsentanz der Investitionsbank des Landes am Hauptbahnhof. Schauspieler Jörg Hartmann von der Bürgeriniative Mitteschön befürchtet dagegen eher drei beliebige Kisten, die eigentlich überall stehen könnten. In rund zwei Jahren soll sich zeigen, wie sich der neue ILB-Hauptsitz nach Entwurf der KSP Jürgen Engel Architekten GmbH aus Berlin in das Potsdamer Stadtbild einfügt. Dann muss der Neubau fertig sein. Am heutigen Donnerstag will die ILB den Startschuss für die erste Etappe geben. Zusammen mit Brandenburgs Finanzminister und ILB-Verwaltungsratschef Christian Görke (Linke) sowie Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wird der Bankvorstand den obligatorischen ersten Spatenstich setzen.
Über die geplanten Kosten wurde in der Vergangenheit heftig spekuliert. Summen von 50 Millionen und 80 Millionen Euro kursierten. Nun lautet die offizielle Sprachregelung, die finanzielle Obergrenze liege bei 94 Millionen Euro, inbegriffen sind der Kaufpreis für das Grundstück, die Kosten für sämtliche städtebaulichen Auflagen und ein Puffer „für Unvorhersehbares“. „Die ILB ist Bauherr und Investor. Dem Steuerzahler entstehen somit keine Kosten“, sagte Finanzminister Görke im Vorfeld. „Die derzeit günstigen Zinsen kommen uns dabei ausnahmsweise mal entgegen“, so Vorstandschef Stenger. Die ILB gehört zu jeweils 50 Prozent dem Land Brandenburg und der NRW-Bank, also dem Land Nordrhein-Westfalen. Im Auftrag der brandenburgischen Landesregierung verwaltet die 1992 gegründete ILB unter anderem die EU-Fördermittel und reicht entsprechende Summen aus den drei großen Programmen, dem Europäischen Sozialfonds (ESF), dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) aus.
Die Frage nach einem künftigen Standort beschäftigt die Landesinvestitionsbank schon länger. Ende 2016 läuft der Mietvertrag am alten Standort in der Babelsberger Steinstraße aus und die bis zu 700 Mitarbeiter der ILB, der Zukunftsagentur Brandenburg (ZAB) und der mittlerweile der ILB zugeschlagenen Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg (Lasa) müssen umziehen. Mehrere Optionen seien geprüft worden, sagte Görke, etwa, ob man das Mietverhältnis in der Steinstraße verlängern oder das dortige Gebäude kaufen solle. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, ein Neubau in Potsdams Mitte ist die wirtschaftlichste und nachhaltigste Lösung“, so Görke. „Tilgung und Zinsen sind ungefähr genauso hoch wie die Miete in der Steinstraße“, sagt Stenger. Nur, dass das Grundstück bei der derzeitigen Entwicklung Potsdams im Wert noch steigen werde.
Schon 2009 hatte die ILB ihr Interesse an der 15 000 Quadratmeter großen Immobilie in bester Lage zwischen Hauptbahnhof und dem heutigen Landtagsschloss bekundet. Dem Vorwurf, für eine Förderbank ohne übermäßigen Publikumsverkehr sei ein Hauptsitz an so exponierter Stelle der Innenstadt unangemessen, widersprechen Görke und Stenger selbstredend. Der künftige Standort sei nicht nur für Geschäftspartner besser zu erreichen, sondern auch für die Mitarbeiter, so der Bankvorstand. „Rund 45 Prozent unserer Mitarbeiter wohnen in Berlin.“ Außerdem sei die ILB Geschäftsbesorger für das Land und somit eine größere Nähe zu den Ministerien und zum Landtag von Vorteil, argumentiert Stenger. Vor allem aber sei das alte Domizil an der Steinstraße längst zu klein geworden. „Die ZAB musste schön Räume im Umfeld zusätzlich anmieten.“ Da sich ILB und ZAB aber als sogenannte One Stop Agency verstünden, also als Anlaufstelle, die alle für potenzielle Investoren und Gründer relevanten Themen bündle, sei ein gemeinsamer Standort enorm wichtig.
Am Hauptbahnhof haben ILB und ZAB sogar noch Platz zu wachsen – und zu schrumpfen. Neben den drei geplanten Glas-Stahl-Pavillons wird unter anderem eine potenzielle Erweiterungsfläche zunächst als Parkplatz genutzt. Gleichzeitig mache es die Aufteilung in drei Gebäude wesentlich leichter, einen Mieter zu finden, sollte sich die ILB irgendwann einmal verkleinern müssen, weil die Verwaltung der EU-Förderfonds für das Land beispielsweise an Bedeutung verlöre, so ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger.
Die Gestaltung hat die Bank wie berichtet europaweit ausschreiben lassen. Aus insgesamt 18 eingereichten Arbeiten wurde der Entwurf der KSP ausgewählt. Gelobt hatte die Jury vor allem die Offenheit und Transparenz des fünf-, beziehungsweise sechsstöckigen Ensembles. „Ein besonderes Charakteristikum und Thema der Arbeit – die Öffnung eines jeden Baukörpers an einer Gebäudeseite – wird positiv gesehen. Zum einen werden die Volumen so aufgelöst, dass der Landschaftsraum in die grün gestalteten Innenbereiche getragen wird. Zum anderen bieten die großzügigen Öffnungen allen innenliegenden Büros außergewöhnliche Ausblicke“, lautete das Urteil.
Nicht gebaut werden soll dagegen die umstrittene Fußgängerbrücke über die Neue Fahrt – zumindest vorerst. Im April hatten Potsdams Stadtverordnete diese beschlossen, um die Berliner Vorstadt über die Freundschaftsinsel mit dem Hauptbahnhof zu verbinden. Eigentlich sollte die ILB den Bau übernehmen. Die Grünen im Stadtparlament, die Fraktion Die Andere und Inselgärtner Toralf Götsch hatten jedoch vor einer Übererschließung des Flächendenkmals Freundschaftsinsel gewarnt. „Die Brücke ist in den 94 Millionen Euro nicht enthalten und sie ist auch nicht Bestandteil des städtebaulichen Vertrags“, sagt Stenger. Finanzminister Christian Görke jedoch will für die Zukunft nichts ausschließen: „Erweiterungen sind ja wie gesagt möglich.“
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