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Nachwuchs für Murano? Calvin-Martell probierte sich beim Tag der offenen Tür im Wissenschaftspark in Golm als Glasbläser. Das Handwerk wurde auf der zu Venedig gehörenden Insel Murano bekanntlich zur Kunstform erhoben.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Sphärenmusik und Zeitkapseln

Der Tag der offenen Tür im Wissenschaftspark Golm bot Spannendes aus dem Forscheralltag

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Golm - Ein hohles Pfeifen erfüllt den dunklen Hörsaal. Es wird höher und höher und endet schließlich mit einem Plop. „Das ist echte Sphärenmusik“, sagt Bernard F. Schutz vom Max-Planck-Institut (MPI) für Gravitationsphysik. Sein Multimedia-Vortrag „Schwerkraftwellen – Sphärenmusik tatsächlich hören“ gehörte zu den Highlights des mittlerweile zehnten Tages der offenen Türen im Wissenschaftspark Golm am Samstag. Nun hallt ein elektrisches Flirren im Raum wieder. So würde die Milchstraße klingen“, erläutert Schutz, der einen bislang kaum beachteten Aspekt des Universums in den Mittelpunkt stellt: seinen Klang. Wenn zum Beispiel irgendwo im All eine Supernova explodiert, erzeugt sie sogenannte Gravitationswellen, die auf der Erde mit riesigen „Lauschposten“ registriert und in Töne umgewandelt werden können. Dies ermöglicht einen völlig neuen „Blick“ aufs Weltall, denn mit den Lauschposten kann man nicht nur etwas über Bereiche des Universums erfahren, in die Teleskope nicht mehr schauen können, sondern auch Klänge von unsichtbaren Objekten einfangen, die man eben nicht sehen, sondern nur hören kann.

Doch dies ist nur eine von zahlreichen faszinierenden Stationen an diesem Tag der offenen Tür. Im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA) etwa richtet man den Blick in die Vergangenheit: „Das Schreiben mit Gänsekiel und Tinte war recht schwierig, deshalb haben die Menschen früher so eine saubere Handschrift gehabt“, sagt Kärstin Weihrauch vom BLHA über einen amtlichen Brief von 1801, in dem es um die Überstellung zweier Diebe geht. Wer will, kann im BLHA in uralten Dokumenten blättern oder einen Blick in längst vergessene Zeitungen werfen, etwa in das „Potsdamer Intelligenzblatt“ von 1855.

Besonders viel Andrang herrscht im Zentralgebäude des MPI. Hier informiert ein Stand über die Physik der Blasinstrumente, was vor allem Kinder freut, die sich mit Gartenschlauchhörnern ausrüsten, deren lautes Röhren im ganzen Gebäude zu hören ist. Wer es etwas beschaulicher mag, kann im ersten Stock auch die bizarre Schönheit der Photomikrographie bewundern oder den Querschnitt eines Maiglöckchenstiels mikroskopieren.

Spannend wird es beim Vortrag „Pflanzen: Das Rohöl der Zukunft?“ von den MPI-Professoren Markus Antonietti und Lothar Willmitzer. Es geht um den Versuch, die Verwandlung von Pflanzen zu werthaltigen Rohstoffen zu analysieren und chemisch nachzuvollziehen. Damit solle aber nicht erreicht werden, organisches Material mit chemischen Tricks in Erdöl zu verwandeln, betont Willmitzer. Nach den Maßgaben der „grünen Chemie“ sollen Pflanzen nur in umweltfreundliche Energieträger, etwa in Polymere oder andere Stoffe, umgewandelt werden. Aber das sei alles noch Vision und früheste Forschung, so Willmitzer: „Aber in zehn oder 15 Jahren könnte es funktionieren.“

Der Tag der offenen Tür interessiert Potsdamer aller Alterklassen, etwa den 22-jährigen Paul Meiner: „Ich möchte einfach wissen, was die Wissenschaftler so treiben.“ „Man kriegt ja nicht mit, was die hier den ganzen Tag machen“, ergänzt seine Freundin Stephie Kluge. Sie will auf jeden Fall noch zum Origami-Falten und in der Glasbläserwerkstatt bei der Herstellung wissenschaftlicher Glasinstrumente zusehen. Über 2500 Besucher warfen am Samstag einen Blick hinter die Kulissen des Wissenschaftsparks.

Das BLHA fängt am Tag der offenen Tür auch noch den Zeitgeist ein – in einer „Zeitkapsel“. Der Behälter wird am Ende des Tages verschlossen und erst in 30 Jahren wieder geöffnet. Zuvor wird er mit Zetteln von Besuchern gefüllt, die aufschreiben können, wie sie sich Potsdam im Jahre 2041 vorstellen: „Das Inselhotel ist abgerissen“, prophezeit ein Verfasser. „Es wird eine Straßenbahn nach Golm geben“, meint ein anderer. Ein Potsdamer ist besonders optimistisch: „Fahrradfahren im Park Sanssouci ist erlaubt.“

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