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Cannabis-ähnliche Wirkung. Die Kräutermischung Spice wird offiziell als Raumduft verkauft, geraucht wirkt sie berauschend. Auch in Potsdam floriert das Geschäft, angeblich ist die Ökodroge restlos ausverkauft.

© ddp

Von Viktoria Schiller: „Spice“ – ein ganz legaler Rausch

Neue Ökodroge ist bei Jugendlichen verbreitet - Gesundheitsamt reagiert gelassen, Experten besorgt

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Die Behörden führen zwar noch keine Statistiken darüber, doch das ändert nichts: Die Kräutermischung „Spice“, die in Deutschland seit einigen Monaten als legale Alternative zum verbotenen Marihuana im Umlauf ist, wird auch in Potsdam mit ins Blättchen gedreht. Und das völlig legal. Denn die Inhaltsstoffe der Ökodroge, die exotische Namen wie „Afrikanisches Löwenohr“, „Maconha Brava“ oder „Indischer Lotos“ tragen, fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG).

Ist das allein schon beunruhigend, so kommt hinzu: Die Mixtur enthält keinen Tabak und ist daher im Gegensatz zu Zigaretten sogar für Jugendliche unter 16 Jahren frei verkäuflich. Einem Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung aus Berlin zufolge kommt zwar einem der enthaltenen Kräuter eine „Cannabis-ähnliche Wirkung“ zu. Dennoch berauschen sich Jugendliche, die die rätselhafte Räuchermischung inhalieren, nach geltender Gesetzeslage ungestraft.

In Potsdam hält sich die Aufregung diesen Tatsachen zum Trotz noch in Grenzen. Die Pressesprecherin der Landeshauptstadt, Rita Haack, kommentiert die Dimension des Problems mit den Worten, im Gesundheitsamt seien „bislang keine Anfragen zu dieser Thematik“ eingegangen.

Doch das Geschäft mit dem „würzigen“ Kräutercocktail floriert. In Potsdam übersteigt die Nachfrage nach „Spice“ mittlerweile sogar das Angebot. In einem innenstädtischen „Headshop“ – einem Laden für Wasserpfeifen und Raucherzubehör – ist die Ökodroge restlos ausverkauft. Frühestens im neuen Jahr werde wieder neue Ware geliefert, prognostiziert die Verkäuferin. Ihren Angaben zufolge fragen täglich mindestens fünf Kunden nach der Mischung, die in kleinen glänzenden Tütchen à drei Gramm für 15 bis 25 Euro über den Ladentisch geht.

Inwiefern von der auch Experten suspekten Kräuterrezeptur eine gesundheitliche Gefahr ausgeht, vermag niemand zweifelsfrei einzuschätzen. Toxikologen vermuten minimale chemische Zusätze, die die Rauschzustände hervorrufen. „Zudem fehlen uns in Brandenburg verlässliche Daten zum Ausmaß des Problems“, kritisiert der Leiter der Potsdamer Suchtpräventionsstelle, Rüdiger Schmolke. Eine „seriöse Bewertung“ der Verbreitung von „Spice“ sei daher bislang schlicht unmöglich. In seiner Beratungsstelle rät Rüdiger Schmolke Jugendlichen dringend vom Rauchen der Kräuter ab. Das Hauptproblem sieht er dabei in der Legalität der Kräutermixtur: „Das suggeriert den jungen Leuten Harmlosigkeit.“

Euphorie, Müdigkeit und Halluzinationen, die über Stunden anhalten – im Internet kursierende Beschreibungen der Wirkungen von „Spice“ – erinnern keineswegs an unbedenkliche Küchenkräuter. Trotzdem sind weder die AWO-Beratungsstelle für Suchtkranke und Suchtgefährdete noch das Gesundheitsministerium alarmiert. Anfragen zum Thema habe es noch nicht gegeben und auch mit Statistiken könne man nicht dienen.

In der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen hingegen ist man mit der Ökodroge bereits in Berührung gekommen: „Wir wissen, dass „Spice“ auch in Potsdam konsumiert wird. Allerdings können wir nicht sagen, in welchem Umfang“, sagt Ingrid Weber. Sie gehe allerdings nicht davon aus, dass der Kräutercocktail in der Landeshauptstadt weit verbreitet ist. „Die Presse hat das Ganze doch erst hochgespielt. Wahrscheinlich haben viele Jugendliche erst auf diesem Weg davon erfahren.“

Viktoria Schiller

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