Kita-Anspruch in Potsdam: Spielräume
Ab dem 1. August gilt der gesetzliche Anspruch auf einen Kita-Platz: Die Stadtverwaltung stellt sich auf eine steigende Nachfrage ein und plant mehrere neue Kitas. Bereits heute werden in Potsdam weit mehr Kleinkinder betreut als im Bundesdurchschnitt
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Schon heute werden doppelt so viele Potsdamer Kleinkinder tagsüber betreut als im Bundesdurchschnitt: 59 Prozent der Unter-Dreijährigen in Potsdam besuchen eine Krippe oder Tagesmutter, deutschlandweit sind es nur 27,6 Prozent. Und wenn am 1. August dieses Jahres der gesetzliche Anspruch auf einen Kita-Platz greift, werden es noch mehr: Die Potsdamer Stadtverwaltung rechnet mit einem Anstieg auf 65 Prozent, wie Stadtsprecher Jan Brunzlow sagt. Dies gehe aus den bereits jetzt eingegangenen Anmeldungen und Schätzungen von Experten hervor.
Um all diese Kinder unterzubringen, braucht die Stadt zusätzliche Betreuungseinrichtungen. Derzeit wird eine Kita für Krippen- und Kinderkinder am Bornstedter Feld gebaut (siehe Kasten), noch zwei weitere sollen in den kommenden zwei bis drei Jahren für das neu entstehende Viertel im Norden der Stadt hinzukommen. Auch Am Stern wird bald eine neue Kita gebaut, die 2014 in Betrieb gehen soll. Außerdem werden zwei Einrichtungen in Babelsberg und Groß Glienicke erweitert, zwei Kitas in der Waldstadt sollen im kommenden Jahr durch Neubauten ersetzt werden.
Was danach folgt, ist noch unklar, wie Brunzlow erklärt. Wenn neue Wohnsiedlungen wie etwa Krampnitz oder die Speicherstadt entstehen, würden auch dort neue Kitas gebaut. Tatsächlich sieht etwa die vorbereitende Untersuchung für die ehemaligen Krampnitz-Kasernen drei Kindertagesstätten in dem künftigen Stadtteil vor: Zwei sollen in umgebauten Mannschaftsgebäuden untergebracht, die dritte neu gebaut werden.
Weitere Plätze für die Drei- bis Sechsjährigen Kindergartenkinder wird die Stadt hingegen kaum schaffen müssen. Schon heute seien 96 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe in einer Betreuungseinrichtung, sagt Stadtsprecher Brunzlow.
Auch mit einem Anstieg der Kinderzahlen insgesamt rechnet die Stadt nicht. Während die Zahl der Neugeborenen von 1994 bis 2010 kontinuierlich angestieg, geht sie seit zwei Jahren leicht zurück. Grund ist der sogenannte Geburtenknick, den die Wende mit sich brachte. Damals fiel die Zahl der Neugeborenen auf einen historischen Tiefstand, beispielsweise 1993 wurden nur 613 Kinder geboren – fast dreimal weniger als 2012. Dieser geburtenschwache Jahrgang kommt nun selbst in das Alter, Kinder zu bekommen – und weniger Eltern bedeutet schließlich auch weniger Kinder. Gleichzeitig wächst Potsdam aber durch Zuzug von außen, sodass unter dem Strich die Zahl der Neugeborenen wohl auf jetzigem Niveau liegen wird. 2012 wurden 1729 Kinder geboren, in etwa diese Größenordnung wird es wohl in den kommenden Jahren auch sein.
Die Stadt selbst ist übrigens für keine Kita direkt verantwortlich. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten gibt es in Potsdam keine Kindertagesstätten in kommunaler Hand. Dies wurde in den 1990er-Jahren beschlossen, als immer weniger Kinder geboren wurden und deshalb viele Einrichtungen geschlossen werden mussten, wie Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) erklärt. Die Erzieher, die dadurch keine Beschäftigung mehr hatten, mussten anderswo im öffentlichen Dienst untergebracht werden und belasteten so die Stadtkasse. Deshalb wurden damals alle Kitas in die Hände privater Träger gegeben – so ist es bis heute. Mittlerweile gebe es rund 50 verschiedene Kita-Träger, sagt Müller-Preinesberger. Weiterhin zuständig ist die Stadt aber für die Finanzierung der Kitas und die Festlegung der Elternbeiträge. Außerdem bestimmt sie, welcher Sozialraum welchen Bedarf hat und wählt Träger aus, die sich für neue Kitas bewerben.
Neue Kita für das Bornstedter Feld
115 Kitas gibt es in Potsdam derzeit, allein fünf liegen im neu entstehenden Stadtteil Bornstedter Feld. Und die sechste entsteht momentan an der Peter-Huchel-Straße östlich des Volksparks. Seit April wird dort gebaut, am Freitag wurde Richtfest gefeiert und der Rohbau eingeweiht. Ende des Jahres sollen dort 120 Kinder – aufgeteilt in sieben Krippen- und Kindergartengruppen – einziehen. Als Träger hat sich bei der Ausschreibung „Die Kinderwelt GmbH“ durchgesetzt. Das Unternehmen betreibt bereits zehn Kindertagesstätten in Westbrandenburg, davon vier in Potsdam. In der Peter-Huchel-Straße will der Träger stadtweit erstmalig die sogenannte Reggio-Pädagogik anwenden, eine „Erziehung der Wahrnehmung und des Ausdrucks“. Freies Spiel, von den Kindern selbst gesteuerte Projekte und die Möglichkeit, vom festgelegten Tagesplan abzuweichen, sind zum Beispiel Teil des Konzepts. Der Name geht auf die Stadt Reggio nell’Emilia in Norditalien zurück, wo sie nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde. Auch der Kita-Bau ist danach ausgelegt: In den beiden Stockwerken gibt es sogenannte Haupt- und Nebenräume, um eine flexible Zusammensetzung der Gruppen zu ermöglichen. Außerdem gibt es Platz zum Theaterspielen, Malen und Musizieren. Die Räume der Gruppen sollen zur Orientierung in verschiedenen Farben gestaltet werden. Interesse besteht wohl: Schon 50 Eltern haben ihr Kind angemeldet. (wik)
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