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Aus dem GERICHTSSAAL: Spielsüchtiger fälschte Rezepte Krankenversicherung um 79 000 Euro geprellt

Jahrelang ging Udo U.* (43) täglich in die Spielbank in der Breiten Straße, verlor am Roulette-Tisch allerdings mehr, als er gewann.

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Jahrelang ging Udo U.* (43) täglich in die Spielbank in der Breiten Straße, verlor am Roulette-Tisch allerdings mehr, als er gewann. Das für die Einsätze nötige Geld beschaffte sich der an Multipler Sklerose Leidende, indem er seine private Krankenversicherung schröpfte. Über 78 900 Euro kassierte der Mann zwischen Dezember 2007 und Februar 2012 durch Manipulation seiner Rezepte. Im darauf folgenden Monat kam ihm die Versicherung auf die Schliche, stoppte den Geldsegen und erstattete Anzeige.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Reinhild Ahle verurteilte Udo U. am Mittwoch wegen gewerbsmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 56 Fällen, davon einmal im Versuch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Es setzte die Sanktion für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aus. Der Angeklagte erhielt die Auflage, sich bei der Potsdamer Spielbank sperren zu lassen und dies dem Gericht nachzuweisen. Zudem hat er sich umgehend in therapeutische Behandlung zu begeben. „Sie haben natürlich immer noch die Möglichkeit, nach Berlin zu fahren, um zu spielen. Aber das rate ich Ihnen nicht“, warnte die Vorsitzende.

„Der Druck, in die Spielbank zu gehen, wurde immer stärker. Da bin ich auf die blödsinnige Idee gekommen“, berichtete der gelernte Kfz-Mechaniker zu Prozessbeginn. Sein Arzt habe ihm zur Linderung seiner Krankheitssymptome monatlich ein hochwertiges Medikament verschrieben. Allerdings habe er die Rezepte nicht eingelöst, sich statt dessen den Stempel einer Drewitzer Apotheke anfertigen lassen, die Formulare mit dem Namen eines nicht existierenden Pharmazeuten sowie weiteren Ergänzungen über die Bezahlung versehen. Dann – so der inzwischen von Hartz IV und einem Mini-Job Lebende – habe er sie mit einem Erstattungsantrag nach und nach bei seiner privaten Krankenversicherung eingereicht. Die roch den Braten lange nicht und überwies Udo U. den vermeintlichen Kaufpreis. Inzwischen kündigte die betreffende Versicherung dem Angeklagten, fordert zivilrechtlich Schadenersatz. Doch Udo U. hat noch rund 60 000 Euro weitere Schulden, zudem Unterhalt für ein Kind zu zahlen. Dessen Mutter trennte sich von ihm, weil sie mit seiner Spielsucht nicht mehr klarkam.

Schon einem Monat lang habe er die Spielbank, als deren Ehrengast er gilt, nicht mehr betreten, erzählte der Angeklagte voller Stolz. Und er habe sich einen Psychologen gesucht, den nächsten Termin allerdings erst in drei Monaten. „Ich will die Sucht in den Griff kriegen“, erklärte er. „Spielsucht ist eine weit verbreitete Krankheit. Das haben wir bei der Urteilsfindung strafmildernd berücksichtigt“, betonte die Vorsitzende. Guter Wille allein reiche nicht, um sie zu überwinden. (*Name geändert.) Hoga

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