Landeshauptstadt: Spieluhr wird wieder klingen
Abtransport des kostbaren Kunstwerkes in eine Turmuhrenbau-Werkstatt nach Meißen
Stand:
Innenstadt - Klaus Ferner aus Meißen hat eine ganz besondere Beziehung zur Spieluhr auf dem Platz am Brandenburger Tor in Potsdam. Im Jahre 1979 hat er die Uhr nach einem Entwurf des Potsdamer Künstlers Gottfried Höfer aufgebaut. Anlass war der 30. Jahrestag der DDR. Wie Ferner berichtet, handelte es sich um einen Auftrag des VEB Umweltgestaltung und Bildende Kunst.
Gestern Vormittag war der Turmuhrenbaumeister mit seinen Mitarbeitern wieder vor Ort, um die etwa eine Tonne schwere Uhr zu demontieren und in die Werkstatt abzutransportieren. Bis zum nächsten Frühjahr soll das einzigartige Kunstwerk wieder hergestellt werden. Dann erklingt auch wieder das Frühlingslied nach einer Melodie des Komponisten Hanns Eisler. Die „Klaviatur“ aus Klöppeln und weißen Glocken aus Meißner Porzellan befindet sich in einem vergitterten Gehäuse im oberen Teil der Uhr. Darüber dreht sich beim Glockenklang ein vergoldetetes Panorama, das Motive aus Potsdam wie die Nikolaikirche, die Stadttore und markante Neubauten darstellt. Zentrales Teil ist eine vergoldete Kugel mit Ziffernblatt und Uhrenzeiger, darunter befinden sich ovale Grafiken aus der Stadtgeschichte, als Zinkätzarbeiten ausgeführt.
Gottfred Höfer (1934 bis 1983) war Maler und Grafiker. „Und da er einmal Schlosser gelernt hat, war der Auftrag für ihn wie auf den Leib geschrieben“, sagt Galeristin Ute Samtleben, dessen Lebensgefährte Höfer war. Zusammen mit anderen engagierten Bürgern hat Samtleben eine Initiative ins Leben gerufen, welche sich unter anderem für die Restaurierung der Spieluhr einsetzt. Bauherr ist der städtische Bereich Kultur und Museum. Dieser verfüge pro Jahr für die „Kunst im öffentlichen Raum“ über einen Etat von 5000 Euro, wie Fachbereichs-Mitarbeiterin Bettina Schirdewan berichtet. Für die Spieluhr würden allein zirka 8000 Euro benötigt, so die derzeitige Schätzung. Die erwähnte Bürgerinitiative ruft zu Spenden für die Wiederherstellung der Uhr auf und will dazu ein Flugblatt in der Potsdam-Information, in Cafés und in der Galerie Samtleben auslegen. Noch ungeklärt ist die Unterbringung der Steuerung des Uhrwerkes. Zu DDR-Zeiten war der Schaltkasten im Hausflur des benachbarten Gebäudes untergebracht. Nach der Wende sollen die Kabelverbindungen gekappt worden sein. Seitdem schwiegen die Glocken.
Wie Klaus Ferner berichtet, seien die wichtigsten elektromechanischen Teile zum Betrieb der Spieluhr von ihm geborgen worden. Dazu gehören auch die Stift-Walzen, über welche die Melodie des Frühlingsliedes in elektrische Impulse zur Steuerung des Glockenspiels umgewandelt werden. Nach den tatsächlichen Kosten gefragt, sagt der Turmuhrenbauer: „Uns geht es nicht nur ums Geld, denn wir fühlen uns mit der Spieluhr, die wir vor 28 gebaut und aufgestellt haben als Handwerker gefühlsmäßig besonders verbunden.“ Günter Schenke
Günter Schenke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: