Landeshauptstadt: Spielwerk zum Klingen gebracht
Prachtvolle „Pompadour-Uhr“ wurde nach Restaurierung wieder im Neuen Palais aufgestellt
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Im Neuen Palais ist jetzt wieder die „Pompadour-Uhr“ zu sehen. Vielleicht ist das überreich verzierte goldene Prunkstück ja wirklich eine Morgengabe des französischen Herrscher Ludwig XV. an seine berühmte Mätresse gewesen. Hundertprozentige Gewissheit konnte Silke Kiesant, die die Restaurierung der Uhr betreute, zwar nicht erlangen. Sicher ist aber, dass Friedrich II. nach dem Tod der Madame Pompadour (1764) bei der Versteigerung ihres Nachlasses eine ganze Reihe von Kunstgegenständen erwerben ließ.
Doch auch ohne den König und seine Mätresse zu bemühen, bleibt die mit 1,61 Meter ungewöhnlich hohe Tischuhr ein außergewöhnliches Stück. Das schätzte 1945 auch die sowjetische Trophäenkommission so ein und verbrachte sie als „Kriegsbeute“ nach Moskau. Als die Uhr 1958 zurückgeben wurde, befand sie sich in einem kläglichen Zustand. Unrestauriert stand sie bis 2005 im Depot. Dann aber gelang es Schlösserdirektor Dr. Burkhardt Göres, die Getty-Stiftung in Los Angeles für die barocke Kostbarkeit zu interessieren. Dank ihrer Förderung, die sie bereits zahlreichen anderen Kunstschätzen der Schlösserstiftung zukommen ließ, konnten mit Irmela Breidenstein und dem Engländer Ian D. Fowler zwei hochrangige Restauratoren verpflichtet werden.
Breidenstein nahm sich des Gehäuses und seiner aus feuervergoldeter Bronze bestehendenVerzierungen an, die unter anderem Putten, Drachen, allegorische Figuren und einen Adler zeigen. Schmutzschichten und Verkrustungen mussten mit in Reinigungsmittel getränkten Wattestäbchen entfernt werden. Dadurch gewann die Vergoldung einen Glanz zurück, der selbst die Restauratorin überraschte. Aufgearbeitet wurde auch die so genannte Marketerie, die Einlegearbeiten in Messing in Schildpatt.
Fowler wandte sich dem Uhrwerk der Pendeluhr zu, das mehrere Zahnräder und Federn verloren hatte. Heute zeigt die Uhr wieder nicht allein die Zeit in Stunden und Minuten an, sondern auch den Jahreskalender, den Sonnenlauf durch die Tierkreissternbilder, Sonnenauf- und -untergang sowie die Mondphasen.
Fowlers größter Verdienst ist jedoch, dass er das Glockenspielwerk der Uhr wieder zum Klingen gebracht hat. Es war besonders stark beschädigt. Hunderte Stifte mussten neu in die Walzen eingesetzt werden. Damit nicht genug: Sie mussten auch so abgestimmt werden, dass sich wieder die originalen Melodien ergaben. Diese komplizierte Aufgabe löste der auf mechanische Musikinstrumente spezialisierte Utrechter Museumsdirektor Jan Jaap Haspels.
Als die Pompadour-Uhr gestern vorgestellt wurde, ließ Fowler einige der 13 gespeicherten Melodien erklingen. Zwölf davon sind alte, längst vergessene französische Tänze und Märsche. Bei einem Stück allerdings horcht man auf: „Alle meine Entchen schwimmen auf dem See“, das Kinderlied, dessen Melodie in Frankreich schon im 18. Jahrhundert bekannt war und von Mozart für die Klaviervariationen verwendet wurde.
Beim Auseinandernehmen der Uhr entdeckten die beiden Restauratoren mehrere versteckt angebrachte Signaturen mit Jahreszahl. Sie sagen aus, dass sie 1737 in Paris entstand. 1857 fügte Michael Stollewerck das Glockenspielwerk hinzu. 1784 wurde die Pompadour-Uhr erstmals im Gästetrakt des Neuen Palais genannt. Später stand sie zeitweise im Marmorpalais. Für 1885 ist eine Restaurierung durch den Potsdamer Hofbroncier Carl Schlösser verbürgt.
Im Schreibkabinett des Unteren Fürstenquartiers können die Besucher beim Rundgang durchs Neue Palais die Pompadour-Uhr bewundern. Nicht erklingen wird allerdings das Glockenspielwerk, denn das verträgt keinen Dauerbetrieb. Wer es hören will, kann dafür eine Sonderführung nutzen. Die erste findet am Sonntag, 12. Februar, 11 Uhr statt, Anmeldungen unter Tel.: (0331) 9694317.
Erhart Hohenstein
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