Landeshauptstadt: Spielzeug weg
Chill out startet erste Suchtpräventionsprogramme an Potsdamer Kindergärten und Grundschulen
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Babelsberg- Ein Kindergarten ohne Spielzeug – in Potsdam demnächst wohl nichts Ungewöhnliches. Denn die Suchtberatungsstelle Chill out startet ihr Programm zur Suchtprävention in Kindertagesstätten. Das Projekt „Spielzeugfreier Kindergarten“ gehört dazu. Zum ersten Mal sollen in Potsdam Kita-Projekte späterem Suchtverhalten vorbeugen.
Die Sozialarbeit greife auf diese Weise genau dort, wo der heutige Nachwuchs viel Zeit verbringt, glaubt Jugendamtsleiter Norbert Schweers, der gestern die Vorstellung des Programms in der Beratungsstelle besuchte: Fast 70 Prozent aller Potsdamer Kinder zwischen drei und sechs Jahren gehen in den Kindergarten. Rund 10 000 Kinder werden derzeit insgesamt in den Kindertagesstätten betreut. Die beiden zuständigen Chill out-Sozialpädagoginnen Insa Bernick und Franziska Micke haben seit Februar drei Projekte für Kitakinder und Grundschüler sowie verschiedene Erzieher- und Elternfortbildungskurse entwickelt. Diese haben sie in einem Katalog zusammengestellt, den sie gestern gleich den Grundschullehrern und Kindergartenleiterinnen in die Hand drückten, die zur Informationsveranstaltung in der Schulstraße erschienen waren. Die ersten haben sich bereits angemeldet. Das sei auch nötig, so Chill out-Chef Frank Prinz-Schubert. Denn seine zwei Mitarbeiterinnen in anderthalb Personalstellen könnten nicht alle Einrichtungen Potsdams gleichzeitig betreuen. Diese müssten sich auf „längere Wartezeiten“ einstellen.
Bevor die Projekte in den Kindergärten beginnen, müssen die Erzieher ein sechsstündiges Beratungsgespräch mit den Chill out-Pädagogen führen. Sie sollen mit den Experten über beginnendes Suchtverhalten etwa beim Essen oder Fernsehen diskutieren und Tipps erhalten, wie sie dem entgegenwirken können. Dabei soll auch das dreimonatige Projekt helfen, in dem die Kinder mit ihren Erziehern „das Spielzeug in den Urlaub schicken“, so Bernick, die die Einrichtungen während dieser Zeit begleiten wird. Die Kinder sollen so lernen, kreativ zu sein, etwas selbst schaffen – ohne zu konsumieren. Denn das sei genau das Problem, findet Sonja Hein von der Kita in der Jakob-von-Gundling-Straße: Zu viel Konsum und fehlende Sozialkompetenz seien bei den heutigen Kindern auffällig, meint die Kindergartenleiterin. Zudem wüssten die Kleinen oft nicht, wie sie allein ihre Freizeit gestalten könnten und bewegten sich zu wenig. Darum würde sie am liebsten an allen Projekten teilnehmen.
Bezahlen müssen die Einrichtungen lediglich 1 Euro pro erwachsenen Teilnehmer für die Materialkosten. Rund 20 000 Euro zahlt die Stadt jährlich für das dreijährige Programm. Das Geld stammt aus dem Ausgleich von 200 000 Euro, den die Stiftung Großes Waisenhaus 2005 wegen der Rückübertragung ihrer Grundstücke an die Stadt entrichten musste. just
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