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Von Heike Kampe: Spießrutenlauf nach Kur-Antrag

Mutter-Kind-Kuren werden von Krankenkassen oft ohne stichhaltige Begründung abgelehnt

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Geschichten vorlesen, herumalbern, Drachen steigen lassen – das Leben mit Kindern ist ohne Frage ein Quell des Glücks. Zugleich sind jedoch die Herausforderungen, die mit dem Elterndasein verbunden sind, enorm. Die Wäsche will gewaschen, das Essen gekocht, das kranke Kind getröstet und gepflegt werden. Auch der Beruf und der Partner fordern Aufmerksamkeit und Zeit.

Oft sind die zusätzlichen Belastungen, die ein Leben mit Kindern mit sich bringt, die Ursache für Krankheiten von Müttern und Vätern. An erster Stelle stehen Erkrankungen des Bewegungsapparates, psychosomatische Erkrankungen und Atemwegsbeschwerden. Anlässlich der Woche der Müttergesundheit und des 60-jährigen Bestehens des Müttergenesungswerks (MGW) trafen sich Vertreterinnen der Arbeiterwohlfahrt Potsdam (AWO) und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zu einem Gespräch mit den Bundestagsabgeordneten Dagmar Ziegler und Andrea Wicklein (beide SPD), um über die gesundheitliche Situation von Eltern und Maßnahmen zu ihrer Verbesserung zu diskutieren.

Seit dem Jahr 2007 sind Mutter-Kind-Kuren eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen – alle vier Jahre haben Eltern das Recht auf eine solche Maßnahme. In 98 Prozent der Fälle stellen die Mütter den Kurantrag. Die Voraussetzung für seine Bewilligung ist, dass Vater oder Mutter gesundheitliche Probleme haben. Dies muss durch ein ärztliches Attest bescheinigt werden. Dann sollte einem notwendigen Kuraufenthalt nichts im Wege stehen. Doch was so simpel klingt, artet in der Praxis für manch eine von Rückenschmerzen oder Erschöpfungszuständen geplagte Mutter zum Spießrutenlauf aus. „Das Ablehnungsverhalten bestimmter Krankenkassen nimmt Formen an, die nicht mehr tragbar sind“, sagt Angela Basekow, Geschäftsführerin der AWO Potsdam. Mehr als 30 Prozent der Anträge auf eine Mutter-Kind-Kur werden abgelehnt. Oft zu Unrecht. Daher lohne es sich in vielen Fällen, Widerspruch einzulegen, erklärt Viola Berger vom Landesausschuss des MGW Berlin-Brandenburg. Sie rät Frauen vor der Antragstellung dringend, sich qualifiziert beraten zu lassen.

Das Müttergenesungswerk betreibt in Trägerschaft der Wohlfahrtsverbände bundesweit 1400 kostenlose Beratungsstellen, die Familien im Antragsverfahren unterstützen und begleiten. Anne Hoffmann-Krupatz, Kuratorin des MGW und Referentin des AWO Bundesverbands betont: „Man muss den Frauen deutlich machen: Wenn die medizinischen Voraussetzungen vorliegen, haben sie ein Recht auf die Kurmaßnahme. Zur Unterstützung der Frauen benötigen wir die Beratungsstellen.“ Eine Finanzierung der Beratung sei dringend notwendig, appelliert sie an die Politik, denn nur so könne man die Frauen auch erreichen. Der Bedarf für Mutter-Kind-Kuren werde nicht ausreichend befriedigt.

Das Müttergenesungswerk steht auch Ärzten bei Fragen zur Mutter-Kind-Kur zur Verfügung. Denn oft sind Ablehnungen des Kurantrags auf ein unzureichend begründetes ärztliches Attest zurückzuführen. Die genaue Beschreibung der Beschwerden und Symptome erhöht die Chance auf eine Bewilligung. Die Diagnose „Schlafstörungen“ allein reiche dagegen nicht aus, so Viola Berger. Langfristig zahlt sich eine Mutter-Kind-Kur nicht nur für die Familien aus, auch für die Krankenkassen lohnt sich die Finanzierung. Denn dank des Kuraufenthalts werden Folgeerkrankungen vermieden.

Heike Kampe

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