Sport: Sponsoren-Pool als Idee der Solidarität
Diskussion „Potsdam – Stadt des Sports“ offenbarte Defizite an der Havel
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Wer gegenwärtig zum Potsdamer Angelsportverein „Freundschaft“ am Havelufer möchte, kann sich nach den Bäumen richten. „Rings herum in Zentrum-Ost werden von der Stadt derzeit die Bäume gekappt – nur die drei auf unserem Gelände nicht. Die bleiben wie Leuchttürme stehen, obwohl wir schon lange bei der Stadt den Antrag gestellt haben, sie nach Sturmschäden zu kappen – bisher leider umsonst“, erzählte Vereinschef Dietmar Mattner am Dienstagabend während einer Podiumsdiskussion „Potsdam – Stadt des Sports?“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg im Potsdamer Jugendclub 91.
„Wenn man danach geht, welche Politiker sich in einem Wahljahr bei Sportveranstaltungen fotografieren lassen, sind wir eine Stadt des Sports“, meinte etwas ketzerisch Anne Pichler, die Geschäftsführerin des Stadtsportbundes (SSB). Sie sei froh, dass der jahrelange Kampf des SSB und der Sportvereine um minimale Sportstättennutzungsgebühren erfolgreich gewesen sei, und hoffe, dass es so bleibe. Bei höheren Gebühren nämlich „würde sich vieles von selbst erledigen: Viele Vereine könnten dann nicht mehr existieren“, so Pichler. Neunzig Prozent der 141 Sportvereine würden nur durch das Engagement von Ehrenamtlichen funktionieren.
„Der Sport hat eine große soziale Funktion, die nicht nur durch die Ehrenamtlichen gesichert werden kann“, mahnte Landessportbund-Geschäftsführer Andreas Gerlach an. „Wenn man in Potsdam den Sport für so wichtig ansieht, wie immer bekundet wird, muss man investieren“, erklärte er. „Da aber fehlt oft die Untersetzung durch die Politik.“ Dazu käme immer wieder „die Trägheit der Umsetzung“. Es dürfe nicht „durch ständige Diskussionen Unruhe in einem Bereich geben, in dem ehrenamtliches Engagement das meiste ermöglicht“. Auch Bernd Schröder, Trainer des Frauenfußball-Bundesligisten FFC Turbine Potsdam, befand: „Zurzeit können wir das Schild Sportstadt nicht vor uns her tragen.“ Und Wolfgang Pusch- mann vom Potsdamer Tennisclub Rot- Weiß beklagte: „Der Sport hat in dieser Stadt keine wirkliche Lobby. Von den Politikern und der Stadtverwaltung wird viel zu wenig für ihn getan.“
Potsdams Sport-Beigeordnete Gabriele Fischer räumte ein, dass der Titel „Sportstadt“ jährlich „neu hinterfragt und bestätigt werden“ müsse. Viel sei in der Vergangenheit geschehen: „Seit der Wende wurden 80 Millionen Euro in Sportstätten investiert.“ Viel gebe es aber noch zu tun. „Bei den Hallen gibt es einen großen Sanierungsbedarf“, erklärte Fischer. „Der Investitionsbedarf für die Sportstätten beträgt derzeit etwa 40 Millionen Euro.“ Der Sportentwicklungsplan für Potsdam werde gerade überarbeitet „und soll im nächsten Jahr neu vorgelegt werden“.
Finanziell haben viele Sportvereine gro- ße Sorgen. „Fußballer finden fast immer Sponsoren, Nachwuchs-, Behinderten- und Seniorensportler zu selten“, sagte Peter Rieger, Geschäftsführer des SC Potsdam, mit 2672 Mitgliedern größter Sportverein des Landes. Angesichts solcher Schwierigkeiten schlug Horst Müller-Zinsius als Chef des Kanu-Klubs Potsdam vor, dass jeder Verein einige Prozente seiner Sponsoreinnahmen in einen gemeinsamen Pool für Kinder- und Jugend-, Behinderten- und Seniorensport zahlt. Diese Idee der Solidarität der Sportler untereinander lobte – bei allen eigenen Sorgen – auch Angler Dietmar Mattner als „toll“.
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