Landeshauptstadt: Spontan-Tanz im Supermarkt
Potsdamer Flash Mob-Gruppe lässt Gemüseabteilung zur Disco werden
Stand:
Innenstadt – Es ist 15 Uhr an einem Samstag in einem Einkaufsmarkt im Potsdamer Hauptbahnhof, klassisches Wochenendeinkaufsgewühl auch in der Obst- und Gemüseabteilung. Vielleicht sind es überraschend viele jüngere Leute, die sich zwischen Gurken, Tomaten, Clementinen und Äpfeln tummeln und abwartend herumstehen.
Fünf nach drei geht es los. Lila Federboas werden herausgeholt, übergroße Sonnenbrillen aufgesetzt, dutzende Jugendliche mit Kopfhörern beginnen durch die Gemüseabteilung zu tanzen. Ohne ein Wort zu sagen, bewegen sie sich zur MP3-Musik an Weintraubenbergen und Suppengrünkisten entlang. Staunend blicken Familienväter auf die unwirkliche Szene, Senioren schütteln den Kopf, Mitarbeiter des Marktes eilen herbei und versuchen die Aktion zu beenden – doch die gut 50 Jugendlichen tanzen weiter. Die Potsdamer Flash Mob-Gruppe hat wieder zugeschlagen.
Flash Mobs, auch Blitzaufläufe genannt, sind Gemeinschaftsaktionen. Treffpunkt und Zeit werden per Internet und Handy kommuniziert. Ort des Geschehens sind öffentliche Einrichtungen und Plätze, an dem die Flash Mobber dann für den Ort unpassende, sinn- und inhaltsleere Aktionen starten, ohne jedoch Sachen oder Personen zu schaden.
Es war der fünfte Flash Mob der Potsdamer Gruppe, die sich in der Internet- Community „Studi VZ“ treffen und absprechen. „Es ist cool, wenn Leute überrascht und amüsiert über unsere Aktionen sind“, sagt Albrecht Brandis, einer der Potsdamer Flash Mobber. „Am meisten Spaß macht es, wenn Fremde plötzlich auch mitmachen.“ Wie im Karstadt Stadtpalais, in dem die Gruppe am Nikolaustag 2008 zur „Entenjagd“ riefen und sich zwischen Uhren, Ringen und der Deodorants im Entengang hin und herbewegten, ehe sie wie vom Schlag getroffen alle am Boden lagen. Touristen und Einheimische lachten, filmten und fotografierten das Spektakel.
Etwas überfordert zeigen sich bei solchen Aktionen lediglich die jeweiligen Hausherren. Ein Marktmitarbeiter jedenfalls schien am Samstag erst gar nicht belustigt über die tanzende Meute zwischen seinen Waren. Als die aber unbeschädigt blieb und die Jugendlichen nach nicht mal fünf Minuten den Supermarkt wieder verlassen hatten, zeigte er Humor. Solange nichts kaputtgehen würde und die anderen Kunden beim Einkauf nicht gestört würden, sei das tolerabel. „Aber in einem Supermarkt im Bahnhof erlebt man einiges, da sind wir sehr sensibel“, sagte der Marktmitarbeiter, der zukünftig lieber im Vorfeld solcher Aktionen Bescheid wissen möchte.
Doch das ist nicht Sinn des Flash Mobs. Die Spontaneität und Ungewissheit spielen eine elementare Rolle. Und so wird auch die nächste Aktion – einmal pro Monat organisieren die Potsdamer Flash Mobber einen Blitzauflauf – lediglich über Handy und Internet kommuniziert. Kay Grimmer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: