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Landeshauptstadt: Sprengt Schlossfassade das Verfahren?

Landtagsneubau: Vergaberechtler befürchtet Klagen der Konsortien / Land will Verfahren weiterführen

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Innenstadt - Beim Landtagsneubau in der Potsdamer Mitte drohen neue Schwierigkeiten: Das Verfahren, mit dem das Land einen Investor und Betreiber für den Parlamentsneubau finden will, könnte rechtlich angreifbar geworden sein. Das sagte gestern der renommierte Potsdamer Vergaberechtler Thomas Mestwerdt den PNN. Mit der gleichen Begründung empfahl die brandenburgische Architektenkammer dem Land gestern, das bisherige Investorenverfahren einzustellen.

Hintergrund ist die 20-Millionen-Euro-Spende des Unternehmers Hasso Plattner für die originalgetreue Fassade nach dem Vorbild des Knobelsdorff-Schlosses. Damit die Fassade gebaut werden kann, hat das Land die Planungen für den Parlamentsneubau geändert. Die sechs Konsortien, die sich bisher im so genannten PPP-Verfahren (Public-Private-Partnership) um Planung, Bau und Betrieb des neuen Landtags – einem Leasingmodell – beworben haben, sollen eine „präzisierte Aufgabenstellung“ erhalten. Sie sieht gegenüber den bisher eingereichten modernen Entwürfen den Bau der historischen Fassade sowie rund 700 Quadratmeter weniger Büro-Platz, weniger Tiefgaragenplätze und eine Verbreiterung des Süd- und der Seitenflügel vor. Der Landtag soll das neue Konzept am kommenden Donnerstag beschließen.

Wie Vergaberechtler Mestwerdt erklärte, könnte das laufende PPP-Verfahren indirekt durch die plötzliche neue Aufgabenstellung juristisch angreifbar geworden sein. Denn die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass damit auch die Kriterien, nach denen das Land im so genannten „wettbewerblichen Dialogverfahren“ die Vorschläge der Konsortien bewertet und auch später den Zuschlag erteilt, geändert wurden. Schließlich seien mit der neuen Planung auch die Anforderungen andere. Die Kriterien für ein PPP-Verfahren aber müssten nach Gesetzeslage zu Beginn des Verfahrens aufgestellt werden und dürften bis zum Schluss nicht geändert werden. „Wäre das nun doch geschehen, ist das Verfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angreifbar“, so Mestwerdt. Wenn auch nur ein Konsortium das so sehe, könne das Verfahren angefochten werden.

Voraussetzung dafür sei, so Mestwerdt, dass ein Konsortium jetzt eine so genannte „vergaberechtliche Rüge“ ausgesprochen habe. Dabei müsse es das Land darauf hinweisen, dass seiner Meinung nach das Vergaberecht verletzt worden sei. Laut Finanzminister Rainer Speer (SPD) haben einige Konsortien zumindest „erhebliche vergaberechtliche Bedenken“ geäußert. Sollten diese in Form einer Rüge geäußert worden sein, hätten sich die betreffenden Konsortien damit das Recht gesichert, einen „Nachprüfungsantrag“ zum Verfahren zu stellen. Dies geschehe meist in der zweiwöchigen Frist, die ein Auftraggeber einhalten müsse, bevor er den Zuschlag erteilen darf. Bevor diese beginnt, müsse das Land im Falle des Parlamentsneubaus laut Mestwerdt den unterlegenen Konsortien die Ablehnung begründen und den Namen des Siegers nennen.

Das Risikoszenario sähe dann so aus: Gibt die Vergabestelle dem Konsortium Recht, das die Nachprüfung gefordert hat, und bestätigt auch das Oberlandesgericht diese Entscheidung, könne das Land zur Aufhebung des Vergabeverfahren gezwungen sein, sagte Mestwerdt. Dies sei wahrscheinlich, wenn Vergabestelle und Gericht tatsächlich bestätigen würden, dass die Entscheidungskriterien unzulässig geändert wurden. Der Jurist äußert den Verdacht, dass das Finanzministerium dies nicht ausreichend beachtet haben könnte.

Das Ministerium dagegen macht zwar aus Risiken keinen Hehl, hält aber eine Aufhebung und Neuausschreibung nicht für nötig. Das PPP-Verfahren nun zu stoppen, wie es die Architektenkammer empfiehlt, ist laut Mestwerdt auch nicht ohne Risiko. Es bestehe die Gefahr, dass das Land dann Schadenersatz an die Konsortien zahlen müsse. Ein Grund, das Verfahren aufzuheben, ohne dabei schadenersatzpflichtig zu werden, ist laut Mestwerdt allerdings die Unwirtschaftlichkeit. Es gehöre zur Pflicht des Landes, während des PPP-Verfahrens konstant nachzuweisen, dass die Beauftragung eines privaten Investoren günstiger ist als das „herkömmliche“ Verfahren, bei dem das Land selbst bauen und betreiben würde. Auf diesen Weg hat auch Finanzminister Speer bereits hingewiesen. Wenn die Konsortien den Kostenrahmen von 120 Millionen Euro inklusive Plattner-Spende sprengen sollten, beende das Land die Ausschreibung und baue selbst, hatte Speer den Fraktionen erklärt.

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