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Zweifaches Leid. Silvio S. ist für die Morde an Elias und Mohamed angeklagt.

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Fälle Elias und Mohamed: 4. Verhandlungstag in Potsdam: Spuren am Hals?

Im Prozess gegen Silvio S. ist fraglich, ob er wegen zweifachen oder einfachen Mordes verurteilt wird. Noch fehlen Details zum eigentlichen Tatablauf im Fall Elias.

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Potsdam - Es war eigentlich eine Randnotiz im Prozess gegen den mutmaßlichen Kindermörder Silvio S., als Verteidiger Mathias Noll während des zweiten Verhandlungstages vor einer Woche darum bat, weitere Bilder der Obduktion des sechsjährigen Elias aus Potsdam sehen zu wollen – die er dann auf CD ausgehändigt bekam. Doch nach PNN-Informationen könnten diese Aufnahmen aus Sicht der Verteidigung mitentscheidend werden, wenn es darum geht, ob Silvio S. tatsächlich gerichtsfest nachgewiesen werden kann, Elias mit Vorsatz ermordet zu haben.

Denn im Gegensatz zum zweiten Opfer von Silvio S., dem vierjährigen Mohamed, zu dem der Angeklagte kurz nach seiner Festnahme ein umfassendes Geständnis vorlegte, fehlt dieses bei Elias. Silvio S. räumte zwar gegenüber der Polizei ein, den Tod verschuldet zu haben und zeigte den Ermittlern den Schrebergarten in Luckenwalde, in dem Elias’ Leichnam gefunden wurde. Aber Details für den eigentlichen Tatablauf im Fall Elias – die bei Mohamed etwa durch die Aussage und auch Videoaufnahmen vom Handy von Silvio S. relativ leicht ermittelt werden konnten – kamen im Prozess bisher nicht zur Sprache. Und mehrfach forderte Richter Theodor Horstkötter den Angeklagten auf, sich umfassend zu äußern. Die betroffenen Eltern hätten ein Recht darauf, zu erfahren, was mit ihren Kindern geschehen sei.

Widersprüche und unklare Details

Ob Silvio S. aussagt, hänge auch von den Bildern der Obduktion ab, hatten seine Verteidiger angedeutet. Das Kalkül könnte sein: Wenn sich am Hals des rund vier Monate lang vergrabenen Leichnams keine Strangulationsspuren finden, ließe sich der Mordverdacht bestreiten. Dann könnte S. erklären, dass er Elias auf anderem Weg erstickte – etwa durch die in der Anklage erwähnte Knebelmaske mit Eisenring für den Mund, die S. Elias aufgesetzt haben soll, nachdem er ihn in sein Auto gelockt hatte. Nach dem, was bisher aus den Ermittlungen durchgesickert ist, soll S. Elias mit einem Gürtel stranguliert haben.

Auch ein anderes Detail des Prozesses ließe sich so aus Sicht der Verteidigung möglicherweise deuten: Denn noch Mitte Juli 2015, als die Polizei nach Elias mit einem Großaufgebot sucht, schickte Silvio S. eine Trauerkarte an die Eltern, die allerdings wie berichtet nie dort ankam, sondern bei einem Bestattungsinstitut landete. Auf dieser Klappkarte stand handschriftlich: „In tiefer Trauer um den verstorbenen Elias. Todeszeitraum: In der Nacht vom 11.7. auf den 12.7. zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Todesursache: Ersticken. Sorry.“ Auch das könnte die Verteidigung als Entschuldigung werten, die gegen den Mordvorwurf spreche. Zumal Elias am Abend des 8. Juli verschwunden ist. Hier tut sich ein Widerspruch auf. Die Anklage wirft Silvio S. nämlich vor, an jenem Tag den Jungen entführt und noch am selben Abend in seinem Auto erdrosselt zu haben.

Entscheidend für das Urteil

Die Frage, ob Silvio S. wegen einfaches Mordes – samt Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge – oder eben wie angeklagt wegen eines Doppelmordes verurteilt würde, ist wichtig: Etwa für die Entscheidung, ob er für die lebenslange Haft wegen Mordes auch noch in eine sogenannte Sicherungsverwahrung genommen wird.

Ein Urteil in dem bundesweit verfolgten und unter hohen Sicherheitsvorkehrungen stattfindenden Prozess wird am 26. Juli erwartet. Für die nächsten beiden Verhandlungstage am heutigen Montag und morgigen Dienstag wird laut Gericht der Tod des vierjährigen Mohamed im Mittelpunkt stehen. Unter anderem sollen seine Mutter und Schwester aussagen. Beide treten im Verfahren als Nebenkläger auf. Außerdem wird ein Begleiter der bosnischen Familie erwartet. Er soll an jenem 1. Oktober bei ihnen gewesen sein, als S. Mohamed vom Gelände des Berliner Lageso entführt haben soll. Tags darauf soll S. den Vierjährigen sexuell missbraucht und mit einem Gürtel erdrosselt haben. (mit Alexander Fröhlich)

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