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Die St. Nikolaikirche will Besuchern offenstehen – derzeit ist aber unklar, wie das ab März geschultert wird.

© A. Klaer

Amtsgericht Potsdam: St. Nikolai in Geldsorgen

Der frühere Geschäftsführer der St. Nikolaikirche in Potsdam hat sich mehr als 237 000 Euro Eintrittsgelder in die eigene Tasche gesteckt. Von dem unterschlagenen Geld hat die Gemeinde bisher keinen Cent gesehen, obwohl sie das Geld gut gebrauchen könnte.

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Potsdam - 237 527 Euro und 94 Cent in bar: So viel Geld soll der ehemalige Vorsitzende des Gemeindekirchenrates und ehrenamtliche Geschäftsführer der St. Nikolaikirche zwischen den Jahren 2009 und 2013 aus den Eintrittskartenautomaten für die Aussichtsplattform des Gotteshauses am Alten Markt gestohlen und für sich verwendet haben. Er hatte die Schlüssel für den Automaten, an dem Besucher fünf Euro Eintritt für den Aufstieg bezahlen. Am heutigen Mittwoch muss sich der 53-Jährige vor dem Potsdamer Amtsgericht wegen des Vorwurfs der veruntreuenden Unterschlagung verantworten. Angezeigt hatte sich der Finanz- und Versicherungsmakler vor zwei Jahren selbst (PNN berichteten). Bei einer Verurteilung droht ihm eine bis zu fünfjährige Haftstrafe oder Geldstrafe.

St. Nikolaikirche hat 2,4 Millionen Euro Schulden

Von dem unterschlagenen Geld habe die Gemeinde bislang nichts wiedergesehen, sagte Matthias Mieke, der geschäftsführende Pfarrer der Nikolaikirche, den PNN. Aber selbst mit dieser Summe wären die Finanzsorgen der Gemeinde nicht aus der Welt: Denn die Nikolaikirche trägt nach wie vor an den Folgen der millionenschweren Restaurierung. Man habe weiterhin Schulden in Höhe von 2,4 Millionen Euro zu bedienen, erklärte der Pfarrer: „Dies stellt eine große Herausforderung dar – vermutlich für die nächsten 50 Jahre.“ Wie berichtet hatte die Landeskirche die Gemeinde im vorigen Jahr zumindest finanziell unterstützt – sie bezahlte den ursprünglichen Kreditgeber und gewährte der Gemeinde die Summe dafür als zinsloses Darlehen. Eine große Hilfe, wie Pfarrer Mieke betont: „Das hat uns wieder etwas Spielraum verschafft.“

Dennoch macht er sich Sorgen um das Gemeindeleben. Unklar ist beispielsweise, wie es ab dem kommenden März mit dem Angebot der „offenen Kirche“ weitergeht. Derzeit werde die markante Kirche am Alten Markt mithilfe von Ehrenamtlern und vier sogenannten Bufdis, die ihren Bundesfreiwilligendienst in der St. Nikolaikirche leisten, aufrechterhalten. „Dass Menschen ganzjährig die Möglichkeit haben, in die Kirche hineinzugehen, ist uns ein wichtiges Anliegen“, sagte der Pfarrer. Rund 130 000 Besucher wurden im vergangenen Jahr gezählt, in diesem Jahr könnten es trotz leicht eingeschränkter Öffnungszeiten wieder ähnlich viele werden.

Freiwillige gebraucht

Aber die Verträge für die vier Bundesfreiwilligen laufen im Februar 2016 aus – die Gemeinde ist deshalb auf der Suche nach interessierten Nachfolgern. Ein Aufruf ist bereits im Gemeindebrief veröffentlicht worden, sei bislang aber ohne Rücklauf geblieben. Gebraucht würden die Freiwilligen vor allem als Ansprechpartner für Besucher. Sie sollen Fragen zur Geschichte der Kirche beantworten, die Räume beaufsichtigen, auf- und zuschließen. Voraussetzung ist eine Arbeitszeit von mindestens 20,1 Stunden in der Woche – was Vorruheständler wegen der gesetzlichen Regelungen praktisch ausschließt, wie Mieke bedauert.

Unsicher ist momentan auch noch, ob die Gemeinde im kommenden Jahr die Sekretärin behält. Das Geld dafür käme derzeit als Projektförderung vom Kirchenkreis, im Sollstellenplan sei sie nicht vorgesehen, sagte Mieke. Für die Gemeinde seien neben den beiden Pfarrern in Vollzeit nur der Kantor und die Katechetin jeweils mit Teilzeitstellen eingeplant.

Dabei leiste die Nikolaikirche nicht nur Arbeit für die rund 2800 Personen zählende unmittelbare Gemeinde, betonte der Pfarrer. Er verweist auf landesweit wirkende Veranstaltungen wie etwa den ökumenischen Gottesdienst anlässlich des 25. Landesjubiläums. Am Freitag dieser Woche findet in der Kirche wieder das Festkonzert am Vorabend des Tags der Deutschen Einheit statt. Und vom 13. bis 15. November will die Kirche zum mittlerweile fünften Mal Bedürftige zum „Gedeckten Tisch“ einladen.

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