Landeshauptstadt: Staatsanwalt in der Kritik
Herabstufung der Anklage gegen Julia S. erzürnt Linke
Stand:
Nach der fallen gelassenen Anklage wegen versuchten Mordes gegen die 22-jährige Julia S. und vier weitere Personen haben Vertreter von linken Parteien und Gruppen heftig die Staatsanwaltschaft Potsdam kritisiert (PNN berichteten). „Gegen den zuständigen Staatsanwalt müssen dringend dienstrechtliche Schritte unternommen werden“, sagte Lutz Boede von der Stadtverordneten-Fraktion Die Andere. Die juristisch falsche Einstufung des Falles habe für eine junge Frau eine fünfmonatige Untersuchungshaft nach sich gezogen.
Den fünf Personen der linken Szene war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, im vergangenen Juni einen 16-jährigen Rechtsextremisten beim Café Heider in der Innenstadt mit einem Teleskopstock geschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat den Teleskopstab als lebensbedrohliches Instrument gewertet – trotz der offenbar nur leichten Verletzungen des Opfers. Die Staatsanwaltschaft hatte den Fall jüngst jedoch nur noch als gefährliche Körperverletzung eingestuft. Ein Gutachten hatte es als höchst unwahrscheinlich bezeichnet, dass man mit dem Teleskopstab als Tatwaffe einen Menschen umbringen könne. Julia S. hatte wegen der Erst-Anklage wegen versuchten Mordes bis Ende November insgesamt fünf Monate in Untersuchungshaft gesessen.
Linke Gruppen wie die Soligruppe Potsdam kritisieren nun eine im vergangenen Sommer stattgefundene „politische Kampagne“ von Staatsanwalt Peter Pertersen. Der damals kursierende Begriff einer Gewaltspirale zwischen Linken und Rechten sei nur aufgrund der „konstruierten Schwere der Vorwürfe“ gegen Julia S. plausibel gewesen, so eine Sprecherin der Soligruppe auf Anfrage.
Auch Lutz Boede sieht den angeblichen Mordversuch als „von Beginn an“ konstruiert. Eine antifaschistische Einstellung sei kein niedriger Beweggrund im Sinne des Strafgesetzbuches. Es fehle jeder Hinweis, dass der Tod des Geschädigten billigend in Kauf genommen worden sei. „Offenbar wollte die Staatsanwaltschaft hier ein politisches Exempel statuieren.“Henri Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: