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Landeshauptstadt: Stadt der 69 Brücken

32 Millionen Euro investiert / Ingenieurin: Spannbeton der Langen Brücke hängt zwölf Zentimeter durch

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Zwölf Zentimeter hängt die Lange Brücke auf der Fahrbahnseite stadteinwärts inzwischen durch, in zehn Jahren könnten die ersten Spannbetonstreben brechen. Prof. Elke Reuschel erklärt dieses Szenario, während sie in einem Brückeninnenraum 35 Zentimeter unter der Fahrbahndecke hockt und Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) über den Zustand des Brückenbaus berichtet. Normalerweise sei die Brücke für eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren konzipiert, doch sei die erste Spannbetonbrücke dieser Größe in der DDR ein krankes Kind. Durch die geplante, zehn Millionen Euro teure neue Brücke parallel zur Langen Brücke könnte das alte Bauwerk entlastet werden, so die Ingenieurin.

62 Brücken betreut die Stadtverwaltung Potsdam, einst seien es 69 gewesen, sagte Verkehr-Fachbereichsleiter Norbert Praetzel. Doch sieben Brücken seien in die Trägerschaft des Landes oder wie die Glienicker Brücke in die Verantwortung von Berlin gewechselt: „Ob das für die Brücke so gut ist“, sagte Jakobs in Bezug auf dieDiskussion um die Finanzlage der Bundeshauptstadt. Doch Praetzel versicherte, alle der Bauwerke seien sicher, egal wer sie betreut. Es gebe dafür vorgeschriebene Wartungsintervalle. Allein die Stadt Potsdam habe seit 1990 zwischen 32 und 35 Millionen Euro in die Sanierung und den Neubau von Brücken investiert, Fördermittel des Landes inklusive. Nicht dabei wären jedoch Bauwerke wie die Fußgängerbrücke über die Nuthestraße hin zum Stern-Center und auch die Brücke über die Bahnschienen in der Pirschheide hin zum Seminaris-Seehotel – dies seien private Baumaßnahmen.

Weitere Millionen will die Stadt in den kommenden Jahren in Überquerungen verbauen. Allein die Sanierung und Trassenverlegung auf der Humboldtbrücke koste 9,5 Millionen Euro, sagte Praetzel. An Gesamtkosten bis 2012 werde mit bis zu 35 Millionen Euro kalkuliert. Und in der Innenstadt soll im ersten Bauabschnitt die neue Trambrücke mit mehr als zehn Millionen Euro zu Buche schlagen. Dass diese zur Entlastung der bisherigen Langen Brücke notwendig sei, erklärte Prof. Elke Reuschel. Die Statik der Brücke lasse eine Verlegung der Gleise auf eine Seite nicht zu. Für eine gewollte Verschwenkung müsse somit ein Ersatzbauwerk geschaffen werden. Dann wäre auch die Lebensdauer der bisherigen Brücke länger. Sie präsentierte dem Oberbürgermeister Innenansichten des Bauwerkes – die Brücke ist auf zwei Ebenen begehbar. Laut Horst Strohwig, verantwortlich für Brückenbauten bei der Verwaltung, wurde bereits beim Bau der Langen Brücke bemerkt, dass zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssten, damit die Brücke auch standfest bleibt.

Eine Lebensdauer von 20 Jahren attestierte Elke Reuschel von der Fachhochschule Potsdam dem Bauwerk unter diesen Belastungen noch. Das war 1995, nachdem die sensiblen, nicht sichtbaren Brückenbereiche freigelegt wurden. Zu Tage traten damals Dreck und Rost, Möbel, Schlafmöglichkeiten von Obdachlosen und Zigarettenlager. Inzwischen versperren Stahltüren die Eingänge zum Tragwerk der Langen Brücke, deren Bewegungen und Witterungseinflüsse Messeinrichtungen pausenlos überwachen. Wie bei einem Vulkan, dessen Eruptionen aufgezeichnet werden. Doch während Vulkane ausbrechen, können Brücken einbrechen. Diese Gefahr sieht Elke Reuschel jedoch nicht, auch wenn der Spannbeton nach den nächsten zehn Jahren durchzubrechen drohe. Dass eine Straßenbahn samt Brückenboden einstürzt oder sich Krater bilden hält Elke Reuschel für ausgeschlossen. Vorher würden sich Risse abzeichnen, die bei Kontrollen gesehen werden.

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