Landeshauptstadt: Stadt der Nachtigallen
Vögel geben in Potsdam Auskunft über Lebensräume und Landschaftszustand
Stand:
Vögel geben in Potsdam Auskunft über Lebensräume und Landschaftszustand Von Erhart Hohenstein Potsdam ist eine Stadt der Nachtigallen geblieben. Obwohl die Ausholzungen in den Weltkulturerbeparks – so am Ruinenberg, um die ursprüngliche Lennésche Gestaltung wieder herzustellen – zweifellos einigen Nachtigallenpaaren die Brutstätten gekostet hat, ist der Bestand seit den 60er Jahren insgesamt angestiegen. Das erklärte Wolfgang Mädlow vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) gegenüber den PNN. Die von ihm geleitete Fachgruppe Ornithologie hat in diesem Jahr im Stadtgebiet insgesamt 378 Brutpaare gezählt. Da man nicht jede Nachtigall entdecke, könne von einem Bestand von etwa 450 Paaren ausgegangen werden. Mit dem scheuen grauen Sänger hat die NABU-Fachgruppe eine der so genannten Zielvogelarten erfasst, deren Zahl ausgehend von einem durch die Untere Naturschutzbehörde veranlassten Gutachten vorläufig auf 46 festgelegt wurde. Das Vorkommen und die Entwicklung der Zielvogelarten geben Auskunft über den Zustand der Stadtlandschaft und ihrer Lebensräume auch für andere Vögel. So schaffen Spechte Nistmöglichkeiten für Höhlenbrüter sowie für Fledermäuse und Insekten. Bei der Auswahl der Zielvogelarten spielt außerdem eine Rolle, dass sie repräsentativ und bei uns heimisch sind, ohne zu hohen Aufwand nachgewiesen werden können und in der Stadtlandschaft eine Überlebenschance haben. Deshalb macht es laut Mädlow keinen Sinn, so seltene Arten wie Ziegenmelker oder Steinkauz einzubeziehen, um so mehr aber beispielsweise Höckerschwan, Hohltaube oder Mittelspecht. Relativ gute Kenntnisse liegen bereits über die Gebäude bewohnenden Schwalben und Mauersegler vor, da ihre Vorkommen im Zusammenhang mit Sanierungsvorhaben gemeldet werden müssen. Die Erfassung und Kartierung der Zielarten, die es übrigens ebenso für Säuger, Amphibien (in Potsdam u. a. die Erdkröte), Reptilien (Ringelnatter), Käfer, Weichtiere, Libellen u.a. gibt, erlaubt Schlussfolgerungen für die Bau- und Landschaftsplanung und begrenzt die damit verbundenen Eingriffe in die Natur. Bekanntestes Beispiel ist der Schutz einer seltenen Bockkäferart, wodurch beim Bau der Straßenbahntrasse ins Bornstedter Feld ein Umweg, die so genannte „Käferkurve“, erzwungen wurde. Insgesamt enthalten die Listen 162 Zieltierarten. Ihren Bestand und ihre Verteilung im Stadtgebiet zu erfassen und in eine Kartei aufzunehmen, ist allerdings unter den gegenwärtigen personellen und finanziellen Bedingungen mehr als schwierig. Wie Dr. Claudia Walter von der Unteren Naturschutzbehörde mitteilte, wurden die zwei für den Aufbau einer Kartei vorgesehenen Kräfte wegen der Reduzierung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht bewilligt. Um so mehr hofft sie auf die Hilfe der ehrenamtlichen NABU-Fachgruppen. Allerdings scheint derzeit dazu nur die zahlenmäßig starke FG Ornithologie in der Lage. Aber auch sie kann allenfalls einige Arten erfassen, gedacht ist an Mehlschwalbe, Mittelspecht und Drosselrohrsänger. Sie will jedoch den Versuch erneuern, Potsdamer Naturfreunde in das Vorhaben einzubeziehen. Sie sollen dem NABU Zufallsbeobachtungen und -funde melden, wozu Fragezettel vorbereitet werden. Auch solche Meldungen können laut Mädlow den Aufbau der Kartei Stück für Stück voranbringen.
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: