Landeshauptstadt: Stadt droht Land mit Baustopp
4,5 Millionen Euro mehr für Humboldtbrücke gefordert / Land verwundert / Personelle Konsequenzen
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Personelle Konsequenzen aus dem Desaster der Humboldtbrückensanierung und ein rauherer Ton zwischen den Bauverwaltungen von Stadt und Land: Matthias Klipp hat fünf Wochen nach Amtsantritt in der Potsdamer Bauverwaltung eine klare Handschrift hinterlassen. Innerhalb des städtischen Bauamtes hat es nach PNN-Informationen Abmahnungen und den Wechsel von Verantwortlichkeiten gegeben. Am Freitag nun hat Klipp dem Land gedroht, die Arbeiten an der Humboldtbrücke für die nächsten Jahre komplett einzustellen, sollte das Land sich nicht rückwirkend an den gestiegenen Baukosten beteiligen. 4,5 der acht Millionen Euro Zusatzkosten beim Brückenbau soll das Land fördern, ansonsten werde der nächste Bauabschnitt nicht begonnen, sagte Klipp. Im Infrastrukturministerium wunderte man sich indes über den neuen Baubeigeordneten.
Täglich fahren etwa 55 000 Fahrzeuge über die Havelbrücke, sie ist eine der wichtigsten städtischen Verbindung und künftig die schnellste Anbindung an den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International. Der Ausbau sei zudem die „wichtigste und größte Infrastrukturmaßnahme in Potsdam“, so Klipp. In der Verwaltung werde die bisherige Planung und die Baubegleitung kritisch aufgearbeitet. Inzwischen sind Verantwortlichkeiten innerhalb der Bauverwaltung neu verteilt worden, so Klipp. Beispielsweise habe der Fachbereichsleiter Grün- und Verkehrsflächen Frank Steffens die Gesamtverantwortung für das Projekt Humboldtbrücke verloren. Nach PNN-Informationen hat er zudem schon nach wenigen Tagen eine Abmahnung von Klipp erhalten. Verantwortlich für alle Fragen rund um die Sanierung der Humboldtbrücke sei nun Klipps Geschäftsstellenleiter Siegfried Weise.
Das Thema sei anfangs sehr schwierig zu handhaben gewesen. Die personellen Konsequenzen „waren erforderlich, weil die bisher Beteiligten nur bis zu einem bestimmten Grad selbstkritisch“ mit den bisherigen Vorfällen umgegangen seien.
Für den neuen Baudezernenten besitzt das Projekt Humboldtbrückensanierung oberste Priorität: Das Vorhaben sei so groß, dass es die Stadt über Jahre hinweg „finanziell strangulieren“ könne. Es gehe um die Frage, ob die Stadt überhaupt noch finanziellen Handlungsspielraum haben werde. Denn 27 der 55 Millionen Euro teuren Sanierung sind Eigentmittel aus dem Haushalt und stehen somit nicht für andere Ausgaben im gesamten Verwaltungsbereich zur Verfügung. Im schlimmsten Fall drohe das Vorhaben zu scheitern. Dann würde die Brücke halbfertig stehen bleiben. Tempo 30 und „mittelfristig“ die Sperrung des unsanierten Brückenabschnitts seien die Folge, so Klipp. Es sei denn, das Land beteilige sich deutlicher an den Kosten.
„Ich bin doch sehr verwundert über den Ton von Herrn Klipp. Für die Mehrkosten bei der Sanierung der Humboldtbrücke ist schließlich nicht das Land verantwortlich“, sagte Lothar Wiegand auf Anfrage. Er spricht für Infrastrukturminister Reinhold Dellmann und erklärte, die Mittel für den kommunalen Straßenbau in Brandenburg seien begrenzt. „Wenn wir jetzt der Stadt mehr geben, müssen wir das an anderen Stellen im Land wegnehmen“, so Wiegand. Für Klipp kein Argument: Er hielt dagegen, wenn die Kosten für den 55 Millionen Euro teuren Umbau vorher bekannt gewesen wären, hätte das Land auch mehr Förderung bewilligt.
Als Grund für die Kostensteigerung von 24 auf 31 Millionen Euro allein im ersten Sanierungsabschnitt nannte Klipp einerseits die Mehrwertsteuererhöhung im Jahr 2007, andererseits auch unvorhergesehene Schwierigkeiten beim Umbau. Bei der Bezahlung der Mehrkosten soll auch das städtische Unternehmen Energie und Wasser Potsdam (EWP) nicht ungeschoren davonkommen. Denn gerade die Umverlegung von Leitungen der EWP habe zu Mehrkosten von 2,1 Millionen Euro geführt. Über die Höhe und die Art der Beteiligung des Unternehmens werde in den nächsten Tagen mit Geschäftsführer Peter Paffhausen gesprochen, so Klipp.
In Zukunft würden solche Projekte anders geplant, kündigte Klipp an. Zudem werde die Verwaltung sich externe Prüfer holen, wenn bei einer Baumaßnahme „eine Budgetüberschreitung droht“. Auch die EWP müsse künftig einen koordinierten Plan für die Leitungsarbeiten vorlegen. Jan Brunzlow
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