
© Andreas Klaer;
Landeshauptstadt: Stadt erhöht Druck auf Ufer-Sperrer
Groß Glienicke: Grundstückseigner sollen verkaufen – sonst droht Enteignung
Stand:
Groß Glienicke - Im Streit um das an mehreren Stellen gesperrte Ufer des Groß Glienicker Sees erhöht die Stadt den Druck auf die Anrainer. Wie Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern bei einem Ortstermin am Ufer des Sees erklärte, werde das Rathaus noch vor Ostern an die rund 40 Anwohner am strittigen Uferbereich Kaufangebote für ihre Wegeflächen senden. Dazu seien die Flächen genau vermessen worden. Die Eigentümer hätten bis Ende Mai Zeit, über die Offerte nachzudenken. Erfolge keine Reaktion, werde die Stadt mit Enteignungsverfahren beginnen, sagte Jakobs. Dazu sei ein Beschluss der Stadtverordneten notwendig – die Entscheidung könnte noch vor der Sommerpause fallen.
Um möglichst schnell wieder einen freien Uferweg in Groß Glienicke zu erhalten, erwäge die Stadt auch das Mittel der vorzeitigen Besitzeinweisung, sagte Jakobs weiter: Wird sie der Stadt gewährt, könnte ein gesperrtes Grundstück, dessen Besitzer im Interesse der Allgemeinheit enteignet werden soll, bereits vor dem offiziellen Vollzug in den Besitz Potsdams gelangen. Dann wäre der Uferweg schneller frei. Jakobs sagte, die Stadt werde „konsequent“ handeln, um den Uferweg „sukzessive“ wieder öffentlich zu machen.
Als Symbol dafür, „wie ein freier Uferweg künftig aussehen wird“, eröffnete Jakobs gestern am Südende des Sees ein erstes Wegestück. Der sandfarbene Weg mit sogenannter „wassergebundener“ Decke reicht von der Straße am Seeblick bis nah an das Grundstück Seepromenade 65, dessen Eigentümer das Ufer mit Flatterband und Pflanzen gesperrt hat. Die Baukosten für diesen ersten Abschnitt – inklusive drei Bänken und zwei Betonblöcken zum Sitzen sowie Schaukästen zur Ortsgeschichte – betrugen laut Stadtverwaltung rund 70 000 Euro.
Der gesamte freie Uferweg wird wesentlich mehr kosten. In einem Rechtsgutachten für die Stadtverwaltung geht der Jurist Hans-Martin Groth von bis zu einer Million Euro aus, die Potsdam für die Sicherung des Wegerechts – sie müsste dann 80 Prozent des Wertes einer vier Meter breiten Wegeflächen entschädigen – samt Verfahrens- und Investitionskosten einplanen müsste. Zum Vergleich: Für den Ankauf aller Uferflächen samt Entschädigungen für die enteigneten Privateigentümer und Investitionen in den Uferpark müsste die Stadt laut Groth bis zu neun Millionen Euro zahlen. Mit dem jetzigen Kaufangebot an die Anrainer will sich die Stadt die Wegeflächen sichern, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz – so bliebe den Eigentümern zwischen Weg und Wasser ein schmaler Streifen zur eigenen Verfügung, den sie allerdings nicht mit hohen blickdichten Hecken oder Zäunen abgrenzen dürften.
Jakobs betonte, es sei bedauerlich, dass ein von der Stadt im vergangenen Herbst angebotenes Moratorium zur zeitweisen Beilegung des Uferkonflikts kaum auf Resonanz gestoßen sei. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das Ufer seien 57 Streitverfahren mit 17 Eigentümern angelaufen, so Schulz. 27 davon seien inzwischen zugunsten der Stadt entschieden, zum Teil gerichtlich. Anders als im Konflikt am Griebnitzsee, dessen Ufer Anwohner vollständig gesperrt haben, kann sich die Stadt in Groß Glienicke auf einen gültigen Bebauungsplan berufen. H. Kramer
H. Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: