
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: „Stadt für eine Nacht“ – ein Ort im Land der Ideen
Event der Schiffbauergasse ausgezeichnet / Stadt stoppt Ausschreibung für Standortmanagement
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Als Tobias Wellemeyer vor drei Jahren die erste „Stadt für eine Nacht“ erlebte, war er vom Erfolg überrascht. 15 000 Besucher kamen zur ersten Nacht, 22 000 zählte man im vergangenen Jahr.
Der Intendant des Hans Otto Theaters hatte damals nach einer Möglichkeit gesucht, das kreative Potenzial des Kulturstandorts Schiffbauergasse nach außen zu tragen, Künstler, Anrainer, soziale und wissenschaftliche Initiativen zu vernetzen, etwas aus allen Bereichen der Gesellschaft allen Generationen anzubieten. „Natürlich gab es vereinzelt Skeptiker“, sagte Wellemeyer am Montag anlässlich der Auszeichnung als einer von „365 Orten im Land der Ideen“. „Heute wollen alle von Anfang mit dabei gewesen sein“, sagte er und freute sich, dass aus den anfangs 20 Teilnehmern 2011 bereits 30 geworden waren. 2012 erwartet man etwa 40 sogenannte „Raumkörper“, simple Bretterhäuschen auf dem Gelände zwischen Theater, Fabrik und Waschhaus, die für 24 Stunden von Künstlern, Wissenschaftlern oder sozialen Vereinen bewohnt, belebt und besucht werden.
Der Improvisationscharakter der Veranstaltung passe gut zum Bedürfnis der Teilnehmer und Besucher, über den eigenen Tellerrand zu schauen und sei eine gute Gelegenheit zur Vernetzung. Die Auszeichnung selbst, die im Übrigen einer Bewerbung durch das Kulturamt zu verdanken sei, empfinde er als eine „wunderbare Wahrnehmung“ des Events.
Die Initiative „Deutschland, Land der Ideen“ achtete bei den Preisträgern, 14 davon aus Brandenburg, nicht nur auf Kreativität, sondern auch auf Zukunftsorientierung. Die „Stadt für eine Nacht“ soll es auch weiterhin geben, sagte Wellemeyer, bei freiem Eintritt, und am besten als ein Sommercamp mit Teilnehmern aus ganz Brandenburg. Gut möglich, dass demnächst von den ausgezeichneten „Orten“ einige mitmachen werden. Den kürzesten Weg hätte in diesem Jahr ein Projekt der Potsdamer Ufa Film- und TV-Produktion. Die Internetplattform www.duhastdiemacht.de soll Jugendliche zum gesellschaftlichen Diskurs ermutigen.
Neben der Beteiligung an der „Stadt für eine Nacht“ sucht das Hans Otto Theater derzeit einen Ort für die nächste Winteroper, wenn das Schlosstheater im Neuen Palais saniert wird. Gern würde Wellemeyer die Schinkelhalle nutzen, doch die sei zwar „ein toller Ort, aber unbezahlbar“, so der Intendant.
Das Rathaus bestätigte unterdessen, dass die Ausschreibung für das Management und Marketing des Kulturstandorts Schiffbauergasse aufgehoben werden soll. Sie war im April 2011 gestartet worden, hatte aber kaum Interesse hervorgerufen. Lediglich die städtische Wohnungsbauholding Pro Potsdam und das Babelsberger Stadtkontor hatten sich beworben. An weiteren Interessenten fehlte es vor allem, weil das Management und Marketing des mit rund 100 Millionen Euro Fördergeldern entwickelten Kulturstandorts an die Übernahme der Schinkelhalle gekoppelt war. Die Halle gehört zum Kulturzentrum, die Stadt muss sie aber verkaufen. Das war einst zwischen Stadt und Land vereinbart worden, der Erlös aus dem Verkauf soll in die Refinanzierung der Schiffbauergasse-Investitionen fließen. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte bereits im PNN-Interview vor dem Jahreswechsel angekündigt, dass er die Aufhebung der laufenden Ausschreibung anstrebe. Er regte an, Management und Marketing des Kulturstandorts an den Betrieb des krisengeschüttelten Kulturzentrums Waschhaus zu koppeln. Ob dies bei einer neuen Ausschreibung erfolgt, erscheint fraglich. Bekanntlich haben Stadt und Land als Fördermittelgeber ein Machtwort gesprochen und den jetzigen Waschhaus-Geschäftsführer Wilfried Peinke zum 1. August dieses Jahres abgesetzt. Für ihn wird bereits ein Nachfolger gesucht. spy /SCH
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