zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Stadt gegen Alkoholverbot

Sozialbeigeordnete hält nichts von Regelung wie in Werder / 50 000 Euro für Sozialarbeit mit Trinkern

Stand:

Ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen und Straßen wie in Werder scheint für Potsdam derzeit nicht durchsetzbar. Dies ergab gestern eine Umfrage der PNN bei Stadtverwaltung und Lokalpolitik. „Verbote nützen nichts, dass hat sich schon in anderen Städten gezeigt“, so Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos). „Braune Tüten“ um Alkoholflaschen wie in den USA, wo öffentliches Trinken verboten ist, wären die Reaktion – und würden der Krankheit Alkoholismus nicht gerecht.

Die Diskussion um ein Alkoholverbot wurde durch einen Beschluss der Stadtverordneten von Werder begonnen, die ab diesem April an elf öffentliche Plätzen das Trinken untersagt haben. Ab Mai soll das Ordnungsamt der Stadt auch Strafen verhängen können. Nur für das Baumblütenfest soll das Verbot ausgesetzt werden. Die Regelung geht auf einen CDU-Antrag zurück (PNN berichteten). Als Befürworter von Verboten gilt auch CDU-Innenexperte Sven Petke, gleichzeitig Chef des CDU-Ortsvereins Drewitz.

Bei Potsdams CDU-Stadtverordneten wird das Thema dagegen eher zurückhaltend behandelt. „Das ist hier nicht so ein Thema wie in Werder“, sagte CDU-Fraktionschef Michael Schröder. Nach einem Workshop zu dem Thema am Schlaatz sei er aber persönlich der Auffassung, dass Verbote Probleme eher verdrängen würden. Er plädierte „für Gespräche“ mit Trinkern im öffentlichen Raum, ebenso für Prävention und Sozialarbeit.

Im vergangenen Oktober hatte unter anderem die Zahl von 80 Jugendlichen für Aufsehen gesorgt, die laut Verwaltung im Jahr 2006 mit einer Alkoholvergiftung ins Klinikum eingeliefert worden seien. Daraufhin wurde ein „Netzwerk Alkoholprävention“ gegründet, in dem Stadtverwaltung, Klinikum, Polizei und Suchtberatungsstellen an einem Tisch sitzen sollen – allerdings laut Teilnehmern bisher mit eher geringem Erfolg, weil viele Termine ausgefallen seien. Als Treffpunkte für gewohnheitsmäßige Trinker gelten in Potsdam Stadtteilkaufhallen, aber auch etwa die Eingänge zum Hauptbahnhof.

Doch Verbote gegen solche Gruppen hält auch Hans-Jürgen Scharfenberg für den falschen Weg. „Ich sehe solche Gruppen auch nicht als öffentliches Ärgernis“, so der Fraktionschef der Linken-Stadtverordneten. Vielmehr sei es wichtig, die Probleme solcher Menschen zu lösen.

Die Verwaltung setzt dabei laut Beigeordneter Müller auf aufsuchende Straßensozialarbeit – und hofft auf Zustimmung für einen Antrag der SPD, der im kommenden Sozialausschuss beraten werden soll. Diesen bezeichnete Stadtverordnete Klara Geywitz (SPD) gestern als Reaktion auf „hilflose“ Verbotsansätze. Darin werden ein „Konzept zur aufsuchenden Sozialarbeit im öffentlichen Raum für Menschen mit multiplen Problemlagen“ gefordert – und zusätzliche Haushaltsmittel zur Umsetzung des Plans. „Solche niedrigschwelligenAngebote sind nötig“, sagte Müller, denn es könne nicht erwartet werden, dass alkoholkranke Menschen von selbst schon vorhandene Hilfsangebote suchen würden. Sie könne sich in diesem Zusammenhang eine personelle Aufstockung der Wildwuchs-Straßensozialarbeit des Diakonischen Werkes Potsdam vorstellen. Mit 50 000 Euro zusätzlich rechne sie, so Müller: „Das ist gut angelegtes Geld.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })