Landeshauptstadt: Stadt, Land, Frust?
Am Dienstag „besucht“ die Landesregierung auf ihrer Wohlfühltour durch alle Kreise Potsdam. Doch wie ist es eigentlich bestellt um die Beziehungen des Landes zu seiner Hauptstadt? Ein Überblick
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Konflikte zwischen der Landesregierung und der Landeshauptstadt gab es seit Gründung Brandenburgs 1990 immer wieder. Insgesamt hat das Land dafür gesorgt, dass Potsdam sich positiv entwickelt hat. Geld gibt es etwa für den Wiederaufbau der historischen Stadtmitte. Es knirscht aber immer wieder.
HAUPTSTADTVERTRAG
Bis 2011 bekam Potsdam jährlich fünf Millionen Euro vom Land auf Grundlage des Hauptstadtvertrages. Vier Millionen Euro waren im Vertrag für Investitionen vorgesehen, eine Million Euro für Ausgaben mit „Landesbedeutung“. Seit 1992 hat Potsdam auf diesem Weg insgesamt 77,72 Millionen Euro vom Land eingenommen. Damit wurden Straßen gebaut, Kultureinrichtungen gefördert und Sportvereine unterstützt. Den Luxus eines Hauptstadtvertrages leisteten sich nur wenige Bundesländer. Denoch fühlte sich Potsdam vom Wegfall im Jahr 2012 brüskiert, das Land wiederum von dem üppigen Wunschkatalog aus dem Potsdamer Rathaus. Die Warnungen Potsdams wegen der ausbleibenden Gelder bewahrheiteten sich nicht – dank steigender Steuereinnahmen. Allerdings klagte Potsdam gerade erst erfolgreich vor dem Landesverfassungsgericht gegen die geringe Kitafinanzierung des Landes
SOZIALER WOHNUNGSBAU
Während große Teile Brandenburgs unter Einwohnerschwund leiden und Wohnhäuser abgerissen werden, wächst Potsdam. Wohnraum ist knapp und im Vergleich mit anderen ostdeutschen Großstädten teuer. Die Landesregierung hat trotz hoher Bundeszuschüsse den Neubau von Sozialwohnungen aber kaum gefördert, das Geld floss in Sanierungen, den Einbau von Aufzügen für barrierefreies Wohnen und das Schließen von Baulücken. Und das trotz des drängenden Neubaubedarfs in Potsdam. Aus Sicht von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) wird es aber ohne Wohnungsbauförderung perspektivisch nicht gelingen, ausreichend preiswerten Wohnraum in Potsdam zu schaffen.
PARKEINTRITT
Potsdam muss ab 2014 fünf Jahre lang eine Millionen Euro an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) überweisen. Damit soll sich die Stadt an den Kosten für die Pflege der Parkanlagen beteiligen. Hätte Potsdam dem nicht zugestimmt und den Vertrag nicht Ende Juni unterschrieben, wäre ab 2014 ein Eintritt für Park Sanssouci fällig. Die Stadt fühlt sich von der Landesregierung in diesem Fall im Stich gelassen, denn nicht einmal die diese hatte eine einheitliche Position zum Thema Parkeintritt, konnte sich also nicht gegen die anderen Stiftungseigner Berlin und Bund wehren. Nun wird seit Monaten in Potsdam debattiert, wie die jährliche Zahlung an die Stiftung finanziert werden kann: über eine Bettensteuer oder eine Tourismusabgabe.
LANDTAGSNEUBAU
Mit dem Landtagsneubau entsteht zwar ein zentrales Element für die historische Mitte wieder, doch Stadt und Land lagen auch hierbei im Clinch – wegen des Geldes. Der Baukonzern BAM Deutschland AG forderte ursprünglich vom Land 18 Millionen Euro an Zusatzkosten. Einen Teil des Geldes wollte sich das Land von der Stadt holen, weil diese nicht rechtzeitig die Baugenehmigung erteilt hatte, nachträglich Denkmal-Vorgaben verschärfte. Die BAM war schon zu Baubeginn in Verzug geraten.
DENKMALSCHUTZ
In Potsdam mit seinen vielen historischen Gebäuden und Welterbe-Anlagen knirscht es auch zwischen Stadtverwaltung einerseits und Landesbehörden sowie Schlösserstiftung andererseits immer wieder. Etwa beim Humboldt-Gymnasium, wo ein moderner Anbau erst nach zähen Verhandlungen genehmigt wurde. Streit mit dem neuen Landeskonservator Thomas Drachenberg gibt es auch bei den Plänen der Universität für Neubauten am Neuen Palais. Und auch bei den Plänen für ein neues Autohaus am Ruinenberg und den Fußballplatz zwischen Babelsberger Park und Nuthestraße gab es Zwist. axf
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