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Sanssouci gehört zu den beliebtesten Urlauber-Zielen in Potsdam. Unklar ist jetzt, wie der Tourismus-Service aufrechterhalten wird.

© dpa

Tourismus in Potsdam: Stadt ohne Tourismus-Marketing

Das Oberlandesgericht kippt den Vertrag der Stadt Potsdam mit der bisherigen Tourismus-Vermarktungsfirma. Vertreter der Branche reagierten alarmiert.

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Potsdam - Potsdam-Besucher könnten bei den beiden Tourist-Informationen in der Stadt bald vor verschlossenen Türen stehen. Ein Szenario, das eine Blamage wäre für die Stadt der Schlösser – das jedoch nicht unwahrscheinlich ist: Denn Potsdam steht nach einem Gerichtsurteil vom gestrigen Dienstag ohne gültigen Finanzierungsvertrag für sein Tourismusmarketing da . Wie es weitergeht, ist völlig offen.

„Wir müssen nun besprechen, wie wir das Marketing weitgehend aufrechterhalten können“, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz am Montag auf PNN-Nachfrage. Der vom Gericht de facto kassierte Auftrag an die landeseigene Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) über 944 000 Euro betrifft Aufgaben wie Zimmervermittlung, Onlinebuchungen oder Auftritte Potsdams bei Touristikmessen.

"Wir bedauern diese Entscheidung ausdrücklich"

Schon vor einem Monat zeichnete sich das Problem ab. Damals hatte die Vergabekammer des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums die Auftragsvergabe für das Potsdamer Tourismusmarketing 2015 als rechtswidrig gerügt (PNN berichteten). Ein Mitbewerber um den Auftrag hatte sich benachteiligt gefühlt und die Kammer angerufen. Damals hatte die Stadt gehofft, mit Rechtsmitteln gegen die Entscheidung vorgehen zu können.

Doch nun hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) die Anträge aus Potsdam auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen. „Auch wenn keine Entscheidung in der Sache ergangen ist, hat das Gericht in der Begründung deutlich gemacht, dass unsere Beschwerde keine Erfolgsaussicht haben dürfte“, so Stadtsprecher Schulz. Der zwischen der Stadtverwaltung und der TMB geschlossene Vertrag für dieses Jahr sei somit unwirksam. „Wir bedauern diese Entscheidung ausdrücklich.“ In der offiziellen Mitteilung der Stadt hieß es: „Die Stadt wird dafür Sorge tragen, dass ungeachtet dessen im Jahr 2015 die Erbringung touristischer Service- und Marketingleistungen gesichert wird. Dafür wird zunächst eine Bestandsaufnahme durchgeführt.“

Zukunft der 30 Tourismus-Mitarbeiter unklar

Doch das entstandene Problem sei komplex, wie TMB-Sprecherin Birgit Kunkel auf PNN-Anfrage erklärte. Unklar sei nun etwa die Zukunft von rund 30 Mitarbeitern, die etwa bei den beiden Tourist-Informationen im Hauptbahnhof und in der Brandenburger Straße eingesetzt und die jeweils vertraglich an die TMB gebunden seien. Zu Beginn der touristischen Hauptsaison in Potsdam müsse man ebenso „sicherstellen, dass der Service für die Gäste aufrechterhalten wird“, so Kunkel. Dazu würden kurzfristig Gespräche mit der Stadt geführt. „Der TMB darf kein Schaden entstehen“, sagte Kunkel. Schon ein Vierteljahr habe das Unternehmen Leistungen für die Stadt erbracht, für die nun die vertragliche Grundlage fehlt. „Vieles ist nun offen“, so die TMB-Sprecherin.

Die Vergabe an die TMB hatte bereits im vergangenen November für Kritik seitens der Stadtpolitik gesorgt. Damals hatte die städtische Wirtschaftsförderung unter ihrem Chef Stefan Frerichs überraschend mitgeteilt, dass TMB auch weiterhin das Tourismusmarketing übernehmen solle – denn eine Monate vorher angekündigte europaweite Ausschreibung für den Auftrag sei ergebnislos verlaufen. Die Vergabe habe sich als „komplex und zeitintensiv erwiesen“, so die damalige Begründung. Daher wurde vor einer neuen Ausschreibung zunächst ein freihändig vergebener Übergangsvertrag für 2015 vorgelegt, der eine deutliche Steigerung der Zuschüsse um mehr als 50 Prozent auf nun 944 000 Euro enthielt. Dem stimmten die Stadtverordneten im Dezember zähneknirschend zu – schließlich warnte die Verwaltung bereits vor dem Szenario, dass die ausgewiesene Touristenstadt Potsdam in diesem Jahr keine Tourismusdienstleistungen anbieten könnte. Wegen des Vorgehens der Stadt hatte sich ein weiterer Bewerber für den Auftrag, die deutschlandweit aktive Hamburger GLC Glücksburg Consulting, bei der Vergabekammer beschwert. Die GLC hatte zuletzt deutlich gemacht, dass sie sich weiter für den Auftrag in Potsdam interessiere. Zugleich hat die TMB nach PNN-Informationen inzwischen signalisiert, sich nicht noch einmal zu bewerben.

"Das ist eine Hiobsbotschaft"

Am heutigen Mittwoch will Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPB) im Hauptausschuss das weitere Vorgehen beraten, kündigte er in einem Brief an die Fraktionen an. Auf der Tagesordnung stand eigentlich der Touristische Marketingplan 2015 für Potsdam – in dem die nun vakanten Dienstleistungen der TMB für die Stadt auf 94 Seiten verzeichnet sind.

Vertreter der Branche reagierten am Dienstag alarmiert auf die neuen Entwicklungen. „Das ist eine Hiobsbotschaft“, sagte Jan Lehmann, Chef des Schifffahrtunternehmens Weisse Flotte. Potsdam müsse als Tourismusstandort vermarktet werden, sei auf diesen Wirtschaftszweig angewiesen. Auch bei der Schlösserstiftung ist man erschrocken. „Wir wissen nicht, wie es nun weitergeht“, sagte Heinz Buri, Marketingdirektor der Stiftung. Die TMB sei einer der wichtigsten Partner gewesen – etwa bei Kooperationen beim Ticketverkauf für die Schlösser oder dem internationalen Marketing für die Potsdamer Welterbestätten.

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