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Landeshauptstadt: Stadt rechnet Mehrkosten durch Mindestlohn klein Freie Kulturträger fürchten, auf indirekten Kostensteigerungen sitzen zu bleiben

Der gesetzliche Mindestlohn könnte für die freien Kulturträger zu hohen Mehrbelastungen führen. Während die Stadt den freien Trägern insgesamt 70 000 Euro dafür zur Verfügung stellen will, fürchten die Theater und Bühnen deutlich höhere Kosten.

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Der gesetzliche Mindestlohn könnte für die freien Kulturträger zu hohen Mehrbelastungen führen. Während die Stadt den freien Trägern insgesamt 70 000 Euro dafür zur Verfügung stellen will, fürchten die Theater und Bühnen deutlich höhere Kosten. Doch die meisten der freien Kulturträger in Potsdam wissen noch immer nicht, wie sie diese kompensieren sollen. Im Kulturausschuss äußerten sie dazu ihre Sorgen, einige verließen frustriert vor Sitzungsende den Saal.

Für Unmut sorgt vor allem, dass es offensichtlich verschiedene Ansichten darüber gibt, was zu diesen Kostenerhöhungen gehört. Während die Stadt den freien Trägern insgesamt 70 000 Euro dafür zur Verfügung stellen will, stellt sich Die Linke auf die Seite der Kulturszene und verlangt wie sie das Doppelte. Abgestimmt wurde dennoch nach Vorlage von Finanzausschuss und Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und Potsdamer Demokraten.

Das Kulturamt verteidigte ihre Position. Man habe von den Trägern entsprechende Zahlen über die durch den Mindestlohn entstandenen Mehrkosten bekommen. „Wir kalkulieren 43 000 Euro für alle Freien und 20 bis 25 000 für den Nikolaisaal“, sagte Kulturamtsleiterin Birgit Katherine Seemann. Die freien Träger kritisieren jedoch, dass hier nur direkte Kosten, also die Lohnkosten ihrer eigenen Angestellten, abgefragt wurden. Indirekte Kosten wie Honorare oder Preissteigerungen für Reinigungsfirmen, Werbe- und Hotelkosten für Künstler, würden dabei nicht berücksichtigt.

„Die werden aber kommen“, sagte Sabine Chwalisz, künstlerische Leiterin der fabrik. „Die Dienstleister geben ihre Steigerungen ja weiter.“ 19 000 Euro hat die fabrik als direkten Mehrbedarf angemeldet. Reichen werde das aber nicht, so Chwalisz. Sollte es eng werden, müssten Veranstaltungen aus dem Programm gestrichen oder am Personal gespart werden. Die Eintrittspreise würden sensibel angepasst, um die Einnahmen zu erhöhen. „Wir wollen, dass jeder sich Kultur leisten kann.“ Unter weiteren Sparmaßnahmen werde dann möglicherweise die Qualität des Hauses leiden. „Die Schiffbauergasse soll laut Stadtverordnetenbeschluss ein Zentrum für internationale Kunst werden – so etwas ist doch total kontraproduktiv.“

Sparmaßnahmen werden wohl auch auf das T-Werk zukommen. 20 000 Euro Mehrbedarf hat T-Werk-Chef Jens-Uwe Sprengel angemeldet. Nur ein geringer Bruchteil sei anerkannt worden. Das liege daran, dass das T-Werk kaum Angestellte habe. Die meisten arbeiten, wie in der Künstlerbranche üblich, befristet oder als Honorarkräfte. Deren Vergütung falle nicht unter das neue Mindestlohngesetz. „Aber ich kann nicht den einen besser bezahlen und den anderen nicht, dann entstehen Schieflagen innerhalb des Hauses.“ Folglich müsse auch er inhaltliche Abstriche machen. Demnächst beginnt die Planung für das Theaterfestival Unidram, seit 22 Jahren die größte Veranstaltung des Hauses: „Dann können wir nicht mehr so viele internationale Künstlergruppen einladen.“

Zuversichtlicher ist Waschhauschef Siegfried Dittler. Er rechnet für das laufende Jahr mit erhöhten direkten und indirekten Kosten von rund 25 000 Euro. „Ich bin aufgrund der Ankündigungen der Stadtverordneten optimistisch, dass dieser Ausgleich stattfindet“, sagte er.

„Das ist noch gar nicht so klar, dass wir das Geld bekommen“, meint hingegen Andrea Palent, Leiterin des Nikolaisaals. Dem Beschluss zufolge würden freie Träger unterstützt. Ich habe Sorge, dass der Kämmerer uns letztlich doch nicht als freier Träger sieht.“ Die gestiegenen Gehaltskosten für die mehr als 30 geringfügig Beschäftigten des Hauses werden derzeit intern querfinanziert – und reißen dabei empfindliche Lücken im Etat. Sollte der Nikolaisaal die angekündigte Unterstützung nicht bekommen, müsste laut Palent die Rücklage des Hauses angezapft werden. Die musste allerdings schon mehrmals für Notgroschen herhalten.

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