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Landeshauptstadt: Stadt setzt auf Moratorium – oder Enteignung

Groß Glienicker Ufer: Wer vier Jahren Friedenspflicht nicht zustimmt, könnte enteignet werden

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Groß Glienicke - Im Uferkonflikt am Groß Glienicker See will die Stadtverwaltung allen Seeanrainern ein Moratorium vorschlagen. Entsprechende Schreiben würden demnächst versandt, sagte gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Hauptausschuss. Das Moratorium soll beinhalten, dass der Uferweg auf dem ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer offen bleibt, bis über eine Teiländerung des gültigen Bebauungsplans entschieden ist. Die knapp 40 Anrainer sollen zwei Monate Zeit haben, dem Moratorium zuzustimmen oder es abzulehnen. Über die Modalitäten des Moratoriums werde nicht verhandelt, so Jakobs. Anfang Dezember soll der Hauptausschuss entscheiden, wie die Verwaltung weiter verfährt. Je nachdem, wie viele Anrainer das Moratorium annehmen, könne auch die Verwaltung ihm zustimmen, erläuterte Rechtsanwalt Hans-Martin Groth, der im Auftrag der Stadt ein Rechtsgutachten zu einer Teiländerung des Bebauungsplans zugunsten der Anrainer erstellt hatte.

Laut Groth kann die Stadt den Bebauungsplan, der rechtssicher ist und den freien Uferweg ausweist, für jene Anrainer ändern, die dem Moratorium zustimmen. Parallel könnten bei den Ablehnern Enteignungsverfahren begonnen werden. Voraussetzung sei, dass „städtebaulich sinnvolle“ Teilabschnitte gebildet werden könnten – also beispielsweise könne der Bebauungsplan für einen Bereich geändert werden, auf dem dann der Uferweg komplett offen und zugänglich wäre. Wo das Moratorium gelte, könne nicht mehr enteignet werden. Nach Angaben des Rechtsanwalts solle das Moratorium vier Jahre gelten; bis dahin sei die Teiländerung des Bebauungsplans sicher. Mögliche Enteignungen würden rund zwei Jahre dauern, so Groth. Jakobs warb um Zustimmung zum Moratorium. Vorteil für die Anrainer sei, dass sie ihre Rechtsposition nicht aufgeben müssten. Zugespitzt formuliert: Sollten sie mit dem geänderten Bebauungsplan nicht einverstanden seien, könnten sie hinterher immer noch sperren.

Ein kompletter Ankauf aller Uferflächen durch die Stadt samt Entschädigungen für die Privateigentümer und Investitionen in den Uferpark würde laut Groth rund 9 Millionen Euro kosten. Sichert sich die Stadt das reine Wegerecht – sie müsset dann 80 Prozent des Wertes der vier Meter breiten Wegefläche entschädigen – koste dies mit Verfahrenskosten voraussichtlich „mehrere hunderttausend Euro“, aber weniger als eine Million Euro. Für alle Varianten brauche die Stadt ein festgelegtes, im Haushalt eingestelltes Budget.

Der Uferweg in Groß Glienicke ist seit Monaten teilweise gesperrt. Der Weg ist im Bebauungsplan festgeschrieben, jedoch auf Grund eines Fehlers aus den 1990er Jahren nicht öffentlich gewidmet. Einer Widmung müsste jetzt jeder einzelne Eigentümer zustimmen. Die Bürgeriniative Freies Ufer um den Grünen-Stadtverordneten Andreas Menzel lehnt eine Änderung des Bebauungsplans ab; sie hat ein Gutachten des Rechtsanwalts Karsten Sommer vorgelegt, wonach der Weg bereits öffentlich gewidmet ist, nur das Dokument dazu fehlt. SCH/gb

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