Landeshauptstadt: Stadt setzt sich gegen Kita-Träger durch
Jugendhilfeausschuss beschließt umstrittene Finanzierungsregeln. Rathaus plant vier Millionen Euro für zusätzliche Kita-Plätze ein
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Im seit Monaten schwelenden Streit um die Richtlinie, mit der Potsdamer Kita-Betreiber pauschal ihre Kosten bei der Stadt abrechnen können, hat das zuständige Jugendamt einen wichtigen Punktsieg erzielt. Der Jugendhilfeausschuss hat dem Regelwerk am Donnerstagabend zugestimmt – unter der Auflage, dass noch strittige Punkte im nächsten Jahr erneut verhandelt werden. Mit der Entscheidung gilt auch die Zustimmung der Stadtverordneten zu der Richtlinie als sicher.
Wenn die neuen Regeln ab nächstem Jahr in Kraft treten, werden die Pauschalen für die Träger insgesamt um rund 2,8 Prozent erhöht – doch das reicht einigen Betreibern nicht. Für die Stadt bedeutet das gemeinsam mit den rund 400 Extra-Kitaplätzen im nächsten Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von rund vier Millionen Euro, laut Sprecher Jan Brunzlow. Bisher gibt die Stadt für Krippen und Kitas rund 49 Millionen Euro pro Jahr aus. Zudem sichert sich die Stadt mit der neuen Richtlinie mehr Kontrollrechte darüber, wie die Zuschüsse für die Kinderbetreuung verwendet werden. So sollen Träger künftig erhaltene Gelder zurückzahlen müssen, wenn sie Wirtschaftsprüfern der Stadt keinen Einblick in ihr Finanzgebaren geben.
Die Richtlinie ist seit mehr als einem Jahr umstritten, eine erste Fassung scheiterte. Auch im Ausschuss prallten die Meinungen aufeinander. Dabei zeigte sich: Je nach Träger fällt die Kritik an den von der Stadt vorgeschlagenen Regeln unterschiedlich stark aus. So sagte Frauke Frehse-Sevran von der Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendlicher (GFB), die in Potsdam zwei Kitas betreibt, manche Träger würden mit den neuen Kostensätzen bestraft, ohne dass sie daran etwas ändern könnten. So hat die Stadt deutlich höhere Pauschalen für Kitas vorgesehen, die eine Mischversorgung mit Essen anbieten. Dort muss ein Mix aus Tiefkühlkost und Rohwaren frisch vor Ort zubereitet werden. Doch bei einer der Kitas von Frehse-Sevran ist das nicht möglich: Das Gebäude sei alt, ein Anbau für eine Küche nicht möglich – weswegen die von der Stadt wesentlich geringer vergütete Essensversorgung über externe Anbieter gewählt werden müsse.
Thomas Liebe vom Treffpunkt Fahrland-Kita sagte hingegen, er könne trotz Bauchschmerzen mit der Richtlinie leben. Wichtig sei, dass bei Fehlentwicklungen jährlich neue Verhandlungen stattfinden könnten. Im Vergleich zur ersten gescheiterten Richtlinie müssten die Träger sogar Abstriche hinnehmen, so Liebe. Die mit knapp 20 Kitas und Horten in Potsdam vertretene Arbeiterwohlfahrt lehnt die neuen Regeln hingegen rundweg ab.
Nach dem Beschluss sagte Sabine Frenkler, die Geschäftsführerin aller Kitas der Awo, die Richtlinie müsse weiterhin dringend überarbeitet werden. Den PNN sagte Frenkler, die Pauschalen seien gerade für größere Träger nicht auskömmlich. Seit sieben Jahren sei die aktuell geltende Richtlinie in Kraft, seitdem habe es Kostensteigerungen gegeben – ohne dass die Stadt den Trägern einen Ausgleich gewährt habe. Daher sei die Awo inzwischen auf die Individualfinanzierung bei ihren Kitas umgeschwenkt – dabei müssen in einem äußerst komplizierten Verfahren alle Ausgaben einer Kita einzeln belegt und abgerechnet werden. Gegen die neue Richtlinie stimmte auch der Chef der Diakonie, Marcel Kankarowitsch, dessen Träger zehn Kitas in Potsdam betreibt.
So bleibt die Kita-Finanzierung umstritten – im kommenden Jahr soll nun eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die noch offene Fragen klärt. So sollen noch die nach Auffassung der Träger bestehenden Widersprüche zum brandenburgischen Kitagesetz überprüft werden.
Parallel prüft die Stadtverwaltung, wie die Elternbeitragsordnung für die Potsdamer Kitas und Horte überarbeitet werden soll. Unter anderem geht es darum, ob die Einkommensgrenzen für den Beitragshöchstsatz, die bisher bei 77 000 Euro liegt, auf 100 000 Euro angehoben wird.
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