zum Hauptinhalt

Von Henri Kramer: Stadt sucht Anbieter von Wohnraum für Flüchtlinge

Verhandlungen bis Mitte Dezember geplant / Stadtverwaltung lobt Arbeiterwohlfahrt

Stand:

Die Verwaltung hat keinen Träger mehr, der die Unterbringung von Flüchtlingen in Potsdam organisieren will. Gestern bestätigte Sozialbeigeordnete Elona Müller einen PNN-Bericht, dass die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ihren Standort am Lerchensteig ab kommenden Jahr nicht mehr als Asylheim betreiben will. „Wir verhandeln nun einen Übergangsvertrag, damit niemand von den Flüchtlingen auf der Straße stehen muss“, sagte Müller.

Gestern war das Ausscheiden der AWO bekannt geworden. Sie betreibt das viel kritisierte Heim am Lerchensteig seit fast zehn Jahren. Dieses Jahr war per Ausschreibung ein neues mögliches Modell zur Unterbringung von Flüchtlingen gesucht worden. Dabei hatte sich aber nur die AWO beworben, wiederum mit dem Lerchensteig. Beigeordnete Müller bezeichnete das Angebot vergangene Woche jedoch als „nicht so wirtschaftlich wie gewünscht“. Diesen scheinbaren Widerspruch erklärte Müller gestern mit den gesunkenen Flüchtlingszahlen der vergangenen zehn Jahre: „Damals mussten 300 Menschen untergebracht werden, in der neuen Ausschreibung haben wir nur Plätze für 150 gesucht.“ Gleichzeitig versicherte Andreas Ernst als Fachbereichsleiter Soziales auf Nachfrage, dass die Stadt wegen der sinkenden Betreuungszahlen nicht die Kosten für die Unterkünfte von Flüchtlingen halbieren wolle. „Die Unterbringung soll qualitativ hochwertiger sein.“ Ohne genau Angaben sprach er von etwa gleichbleibenden Kosten, die möglicherweise gar steigen könnten. Momentan bezahlt die Stadt nach seinen Angaben rund 660 000 Euro pro Jahr.

Nach dem Abspringen der AWO will die Verwaltung nun mit den vier Interessenten verhandeln, die bei der jüngsten Ausschreibung nur die Bewerbungsunterlagen angefordert hatten. Die Gespräche sollen Mitte Dezember beendet sein. „Dann werden wir weiter sehen“, sagte Sozialbeigeordnete Müller. Sollte sich noch kein neuer Anbieter gefunden haben, wolle sie erneut mit der AWO reden. „Wenn wir nichts finden, kann ich nichts basteln“, sagte Müller.

Gleichzeitig zeigte sie Verständnis für das Verhalten der AWO und lobt deren Arbeit am Lerchensteig ausdrücklich: „Es hat aber eine Diskussion gegeben, die zunehmen das Image des Trägers geschädigt hat.“ Der Lerchensteig war zuletzt immer wieder wegen seiner abgelegenen Lage kritisiert worden. Gestern wurde ein Antrag der Grünen im Stadtparlament zur Schließung des Lerchensteigs in den Sozialausschuss verwiesen. Ebenso steht im Integrationskonzept der Stadt, den Standort „zugunsten integrationspolitisch sinnvollerer Lösungen“ aufzugeben – etwa durch zentralere Unterkünfte. „Wir haben solche vor drei Jahren gesucht und nichts gefunden“, sagte Müller und verwies auch auf die Verantwortung der Kritiker, an einer Lösung mitzuarbeiten.

Im Lerchensteig wohnen 140 Menschen. Müller verwies darauf, dass in den vergangenen Jahren 78 Personen in Wohnungen vermittelt wurden, wie von Integrationsexperten gewünscht. „Es gibt aber auch schwer traumatisierte Flüchtlinge, die nicht einfach in Wohnungen untergebracht werden können“, so Müller. Deswegen sei mindestens eine Gemeinschaftsunterkunft nötig, dies decke sich auch mit dem Integrationskonzept.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })