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Von Henri Kramer: Stadt wird zur Pufferzone

Welterbe-Konzept gegen Baukonflikte / Investor Onnen kritisiert Verwaltung

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Wenn Potsdam bei der Unesco heute für die Schlösser und Gärten den Status als Weltkulturerbe beantragen würde, wäre mit einer Ablehnung zu rechnen. Diese überraschende Erkenntnis formulierte gestern Giulio Marano, Sprecher im deutschen Unesco-Nationalkomitee Icomos. „Heute wird verlangt, dass es eine vernünftige Pufferzone zum Welterbe und einen Managementplan dafür gibt“, sagte Marano. Solche Instrumente besitze Potsdam noch nicht. Pufferzonen in anderen Welterbe-Kommunen wie Lübeck sehen zum Beispiel begrenzte Bauhöhen in klar definierten Teilen des Stadtgebietes vor.

Marano war einer der Redner zum Auftakt der zweitägigen Welterbe-Konferenz des Bürgervereins Argus e.V. Bis heute Nachmittag soll dabei im Alten Rathaus über das Spannungsfeld Bauplanung und Welterbe diskutiert werden - und wie sich die Potsdamer dabei beteiligen können.

Gestern ging es jedoch zunächst um grundsätzliche Themen – etwa um Pufferzonen und deren Koordination, um schon im Vorfeld harsche Architekturkonflikte wie vor Jahren am Glienicker Horn oder beim Potsdam-Center zu entschärfen. Ein Konzept für einen möglichst bindenden Umgebungsschutz, was mit dem Begriff Pufferzone auch gemeint ist, sei aber bereits in Arbeit. Das sagte Potsdams Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD). „Es geht dabei um präzise Vereinbarungen über Verfahrenswege, wenn sich Stadt, Land und die Schlösserstiftung untereinander abstimmen“, sagte von Kuick-Frenz. Mit dem Abschluss der Verhandlungen zum Puffer-Konzept werde zum Jahresende gerechnet, hieß es. Marano erklärte die Bedeutung solcher Zonen: „Der Städtebau wird schwieriger, weil mehr Rücksicht auf das nahe Welterbe genommen werden muss.“

Wie die Konflikte praktisch aussehen, die es in den vergangenen Jahren zwischen Investoren und Denkmalschützern gab, zeigte das Referat von Dirk Onnen, der in Potsdam seit 1990 großflächig baut und derzeit etwa das Projekt Hegelallee 25/26 plant. Das Areal hatte Onnen vor fünf Jahren gekauft, seitdem will er es entwickeln. Viele seiner Entwürfe waren umstritten, mehrmals plante er um. Onnen warf den Potsdamer Behörden auch in diesem Zusammenhang vor, ihnen fehle „eine Kultur des gegenseitigen Respekts“, manchmal empfinde er „gefühlte Gegnerschaft“. Gleichzeitig bemängelte er „Hierarchiegerangel“ in der Verwaltung: Bereiche wie das Grünflächenamt würden, „um “mal wieder gehört zu werden, schon von Beginn an Maximalforderungen stellen. Als Folge würden Architekturentwürfe nach dem Gang durch alle Behörden oft als kleinster gemeinsamer Nenner enden. „Stellen sie sich vor, Knobelsdorff hätte so arbeiten müssen“, so Onnen.

Ebenso warf der Investor vor allem der Bauverwaltung mangelnde Entscheidungsfreude vor – gerade nach der Skandal-Rede von Jauch über Willkür beim Denkmalschutz und dem folgenden Battis-Bericht. „Dinge werden delegiert und verschoben, es fehlt an Führung“, sagte Onnen. Dazu vermisse er einen Koordinator zwischen den Ämtern, einen „Schlüsselmanager“ wie in der Industrie. Es brauche deutlich früher als bisher einen Dialog aller Verantwortlichen für ein Bauprojekt, gemeinsam an einem Tisch.

So eine gemeinsame Problemlösung wünsche sie sich auch, sagte Gabriele Horn, die Konservatorin der Schlösserstiftung. Doch wehre sie sich gegen prinzipielle Kritik an Denkmalschützern: „Wir denken in Zeiträumen von 100 Jahren.“ Deswegen müssten Konservatoren dafür sorgen, dass der Charakter Potsdams bestehen bleibe: die einzigartige Einbettung in die historische Gartenlandschaft.

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