Landeshauptstadt: Städte streiten vor Gericht für mehr Kita-Geld
Kreisfreie Städte fühlen sich wegen der höheren Quote von Kita-Kindern benachteiligt
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Jeweils ein Erzieher für sechs Kita-Kinder unter drei Jahren oder für zwölf Kinder zwischen drei und sechs Jahren – was seit Oktober 2010 Gesetz ist und eine bessere Betreuung ermöglichen soll, hat in den kreisfreien Städten Brandenburgs zu einem Streit über die Mehrkosten geführt. Potsdam, Brandenburg/Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) sehen sich vom Land finanziell nur unzureichend ausgestattet und klagen deshalb gegen die Art, wie das Land die Zuschüsse an die Städte errechnet hat. Heute ab 11 Uhr wird vor dem Verfassungsgericht in Potsdam mündlich verhandelt.
Moniert wird vor allem, dass das gesetzlich verankerte Konnexitätsprinzip nicht eingehalten wird. Danach müssen Aufgaben, die das Land den Kreisen und den kreisfreien Städten neu überträgt, auch mit entsprechender Finanzierung einhergehen. Weil seit Oktober 2010 mehr Erzieher benötigt und eingestellt werden – bis dahin lag der Betreuungsschlüssel bei 1:7 bzw. 1:13 –, können die Städte auch einen finanziellen Ausgleich erwarten. Das Potsdamer Jugendamt aber errechnete, dass der Zuschuss für die zusätzlichen Aufgaben in Potsdam nicht reicht: 322 766,46 Euro fehlten 2010, sogar eine Million Euro im Jahr 2011. Ob der Trend 2012 anhielt und welche Auswirkungen dies hätte, konnte die Potsdamer Verwaltung gestern nicht sagen.
Dass nur die kreisfreien Städte Verfassungsbeschwerde erhoben haben und nicht die Landkreise, ist kein Zufall. Letztere profitieren vom Berechnungsmodus, der heute vom Gericht diskutiert und überprüft wird. Das Land zahlt für jedes Kind bis zwölf Jahre einen festen Betrag für die Kita- und Hortbetreuung: 2012 waren dies 854,10 Euro, 2013 sind es 903,43 Euro. Insgesamt wurden laut Bildungsministerium so rund 205 Millionen Euro (2012) bzw. 217 Millionen Euro (2013) umverteilt. Eine hundertprozentige Finanzierung ist dies aber nicht.
Verteilt wird das Geld aber nach einem Prinzip, das man in der Potsdamer Stadtverwaltung für verfassungswidrig hält: Die Zahlungen fließen je Kind, unabhängig davon, ob es auch in die Kita geht. Typischerweise aber liegen die Betreuungsquoten in den kreisfreien Städten höher als im Landesdurchschnitt, wo 53 Prozent der Unter-3-Jährigen und 95 Prozent der 3- bis 6-Jährigen eine Einrichtung besuchen. So geht die Potsdamer Stadtverwaltung derzeit davon aus, dass 58 Prozent der bis 3-Jährigen und 96 Prozent der 3- bis 6-Jährigen die Einrichtungen in der Stadt besucht. In Brandenburg/Havel gehen sogar 86 Prozent der Kinder in Krippen und Tagespflegeeinrichtungen, 98 Prozent in die Kindertagesstätten.
Mehr Kinder, mehr neue Betreuer, höhere Kosten – das müsse bei der Verteilung des Geldes berücksichtigt werden, argumentiert die Stadt Potsdam, die selbst keine Kita mehr betreibt, sondern sich vor mehr als zehn Jahren dafür entschieden hat, dies freien Trägern zu überlassen. Wie auch die anderen kreisfreien Städte, die alle von der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Loh vertreten werden, fordert Potsdam eine Abrechnung der tatsächlichen Kosten statt des bisherigen Pauschalzuweisung.
Das stößt beim Bildungsministerium nicht auf Begeisterung. Die sogenannte Spitzabrechnung, bei der nur die tatsächlichen Kosten am Ende ersetzt werden, ist wesentlich zeit-, personal- und kostenintensiver, schließlich müssten Berechnungen wiederum vom Land überprüft werden. Dagegen soll die Pauschale die Empfänger „bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe grundsätzlich unterstützen und nicht durch spezifische Finanzierungsvorgaben die kommunale Selbstständigkeit“, teilte das Ministerium mit. Deshalb dürften auch die Landkreise heute interessiert in die Landeshauptstadt schauen – folgt das Verfassungsgericht der Potsdamer Position, könnte es für sie letztlich weniger geben.
Ingmar Höfgen
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