
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Stadtrundfahrt und Landgang Eiserne Hochzeit:
65 Jahre sind Ursula und Herbert Karsch verheiratet – trotzdem gehen sie manchmal getrennte Wege
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Es war eine überraschende Aussage zum Eisernen Ehejubiläum: „Wir gehen getrennte Wege“, erklärte Ursula Karsch gestern ihren Gratulanten. Vor 65 Jahren, am 9. November 1946, hat sie Herbert Karsch geheiratet. Und nun getrennte Wege? Der Ehemann lächelt: „Wir haben gesagt, ,bis Gott uns scheidet’ – und dabei bleibt’s“, meint er. Und seine Frau widerspricht ihm nicht, denn ihre Bemerkung war nur scherzhaft gemeint: Wenn sie mit ihrem Rolator durch die Stadt „auf Landgang“ gehe und ihr Ehemann mit dem Elektromobil seine „Stadtrundfahrt“ mache, dann sei es nun einmal praktischer, wenn jeder auf eigenen Wegen wandle, erklärte Ursula Karsch.
Auch wenn das Laufen für beide inzwischen schwierig geworden ist – es scheint, als sei dies die einzige Beeinträchtigung, die das Alter den beiden mit sich gebracht hat. „Es ist nicht so, dass man automatisch doof wird“, wenn man älter werde, stellte Herbert Karsch klar. Der 87-Jährige verfolgt nach wie vor mit großem Interesse das Wiedererstehen der Potsdamer Mitte. Zum Ort des Geschehens hat Karsch es nicht weit, denn er wohnt mit seiner Frau in der Burgstraße – Havelblick inklusive. Wenn er mit seinem Elektromobil aufbreche, nehme er häufig seine Kamera mit. Ein Album mit Fotos aus jüngster Zeit beweist Karschs Gespür für einen guten Schnappschuss.
Zum Potsdamer Stadtschloss hat Karsch eine besondere Beziehung. Ende der fünfziger Jahre erhielt die Bau Union den Auftrag, mit einem Turmdrehkran alle noch auf dem Schloss vorhandenen Sandsteinfiguren zu bergen. Karsch führte die Arbeiten mit seiner Brigade aus. Gern hätte er heute ein Bild von damals. Für den Wiederaufbau der Garnisonkirche kann er sich indes nicht begeistern. Potsdam sei keine Garnisonstadt mehr, daher bedürfe es auch keiner Garnisonkirche. Karsch denkt dabei zurück an seine Zeit als Soldat im Weltkrieg. Fünfmal verwundet, gegen Kriegsende mit dem Lazarettschiff aus dem ostpreußischen Pillau evakuiert, hat Karsch genug vom Militär: „Da hat man Glück, wenn man da rauskommt aus dem Schlamassel.“
Seine Frau lernte er 1941 kennen. In Berlin-Tegel aufgewachsen, zog sie mit der Heirat 1946 „aus dem französischen Sektor in die sowjetische Besatzungszone“. Zunächst ging es für sie nach Sachsen, in die Heimat ihres Mannes. 1953 zog das Paar nach Potsdam. Hier arbeitete die heute 85-Jährige viele Jahre bei der Einkaufs- und Liefergenossenschaft der Friseure, zuletzt leitete sie dort die Geschicke als Geschäftsführerin. Herbert Karsch qualifizierte sich im Laufe seines Berufslebens vom Betonfacharbeiter zum Bauingenieur.
Nach dem großen Ehejubiläum steht dem kinderlosen Paar bald das nächste Fest ins Haus: In einigen Tagen wird Herbert Karsch 88 Jahre. „Dann müssen wir wieder den Tisch ausziehen“, blickte der Jubilar gestern schon einmal voraus.
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