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Landeshauptstadt: Stahlkorsett für den Kaiserbahnhof

Baugrube für Seminartrakt / Spund- und Pfahlwände bis 18 Meter in die Tiefe / 2005 Einweihung

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Baugrube für Seminartrakt / Spund- und Pfahlwände bis 18 Meter in die Tiefe / 2005 Einweihung Von Günter Schenke „Alles liegt im grünen Bereich, auch der Kostenrahmen wird eingehalten“, sagt Dr. Burkhard Klanke zum Stand der Arbeiten am Kaiserbahnhof am Wildpark. Der kaufmännische Geschäftsführer der Akademie der Deutschen Bahn (DB) sehnt schon den Tag herbei, an dem das konzerneigene Schulungszentrum in das historische Gebäude nahe dem Neuen Palais einziehen kann. Im Jahre 2005 will die Bahn innerhalb der Mauern dieses Bauzeugnisses der Kaiserzeit ihren Schulungsbetrieb abhalten. Mehr als einige Wände sind vom Kaiserbahnhof nicht übrig geblieben. Wie antike Tempelruinen ragen sie derzeit in den Himmel. Stützkonstruktionen aus Stahl verhindern das Umfallen der Fassade der früheren Gleishalle, die vollkommen entkernt ist. Vier mächtige Stahlstützen hat die Firma Bauer Spezialtiefbau metertief in den Boden gerammt. Zusammen mit einem darüber liegenden Stahlträger dient die Konstruktion zum Unterfangen der noch übrig gebliebenen historischen Gebäudeteile. Bevor diese in den Neubau der Akademie integriert werden können, werden sie wie beschrieben gesichert oder neu gegründet. Bis in eine Tiefe von 18 Metern reicht die Bohrpfahlwand. Hochdruckinjektionen dienen zum Abdichten und Unterfangen. 165 Meter laufende Spundwandbohlen mit einer Tiefe von 15 Metern waren notwendig, um die Baustelle nach außen abzuschotten. „Wir mussten die ICE-Trasse abfangen und außerdem der Wasserschutzzone II Genüge tun“, begründet Projektleiterin Annett Noffke den umfangreichen Einbau der Spundwände. An den Stahlstützen, auf denen der Hauptteil des Gebäudes lastet, baumeln so genannte Brunnentöpfe, Vorrichtungen, die im fertigen Bau das Eindringen des Grundwassers verhindern. „In zweieinhalb Metern Tiefe stoßen wir bereits auf Grundwasser“, berichtet die Projektleiterin. Da die künftigen Seminarräume gleichsam unterirdisch untergebracht sein werden, kommt der Isolierung gegen aufsteigendes Grundwasser eine besondere Bedeutung zu. „Einerseits ist es toll, ein historisches Bauwerk zu bewahren und zu Schulungszwecken neu zu beleben“, bemerkt der kaufmännische Geschäftsführer, „andererseits hat jedes ältere Gebäude seine Macken.“ Bei einem reinen Neubau hätte man das Ganze nicht in dem Maße „unterbuddeln“ müssen wie das jetzt geschehen sei. „Als Bauherr wollen wir aber den gesellschaftlichen Auftrag erfüllen, ein historisches Zeugnis, das in den vergangenen hundert Jahren immer mehr dem Verfall preisgegeben war, zu bewahren und ihm eine neue Funktion zu geben.“ Der Kaiserbahnhof, der in den Jahren 1906 bis 1909 im Auftrag des letzten deutschen Monarchen Wilhelm II. gebaut wurde, entstand nach Plänen von Eberhard von Ihde (1848 bis 1917). Der Architekt mit dem Titel „Oberhofbaurat“ hatte sich allerdings hierbei nach den Vorstellungen des „Reisekaisers“, der eine Ausführung im englischen Landhaus-Stil wünschte, zu richten. Die Königlich-Preußische Eisenbahndirektion führte das Vorhaben im Zuge der Höherlegung der Potsdamer Fernbahngleise und des damit verbundenen Umbaus des Bahnhofs Wildpark aus. Nur knapp zehn Jahre lang diente die „Hofstation im Wildpark“ bis zur erzwungenen Abdankung des Monarchen im November 1918 als Kaiserbahnhof. Hier hatte einst der legendäre Hofzug des Zaren Halt gemacht. 1919 hielten an derselben Stelle Güterzüge: 59 Waggons brachten Möbel, Bilder, Porzellan, Silber und sogar ein Auto in das holländische Exil von Wilhelm II. und seiner Frau Auguste Viktoria. Bereits im September 2002 verkündete Bahnchef Hartmut Mehdorn den Umbau des seit 1999 zum Weltkulturerbe gehörenden Bauwerks zu einer Führungskräfteakademie der Deutschen Bahn. Bis dahin hatte es verschiedene Nutzungskonzepte gegeben. So wollte der damalige Kulturminister des Landes Brandenburg Hinrich Enderlein (FDP) die Bibliothek der Universität Potsdam hier unterbringen. Enderlein präsentierte bereits detaillierte Pläne und gründete einen Freundeskreis zur Rettung des Kaiserbahnhofs. Doch am Ende fehlte das Geld. Erst mit dem Plan einer Konzernakademie der Bahn ist die Rettung des Bauwerkes Realität geworden. Allerdings mit einem völligen Verzicht auf die historische Bausubstanz im Inneren. Der prächtige Kamin, den einst Zar Nikolaus II. als Gastgeschenk in seinem Hofzug mitführte wird wie die gesamte Inneneinrichtung nicht mehr zu bewundern sein. Ende Januar 2004 will der Bauherr, die DB-Führungsakademie, bekannt geben, wie die Innengestaltung ausgeführt wird und inwieweit dabei ein Anklang an die Historie erreicht werden kann. Die Stadt Potsdam hat mit der Bahn einen Modernisierungsvertrag geschlossen. Dieser regelt unter anderem die finanzielle Förderung durch das Land Brandenburg und die Stadt Potsdam. Für das 25-Millionen-Euro-Projekt erhält die DB knapp 1,5 Millionen Euro Fördermittel für die Instandsetzung der Eingangs- und Bahnhofshalle. Achtzig Prozent kommen vom Land, zwanzig von der Stadt Potsdam. Die DB-Führungsakademie nahm im April 2003 ihre Arbeit in Potsdam auf. Bis zur Fertigstellung des Kaiserbahnhofs finden die Seminare im Hotel Voltaire statt. Im neuen Bildungszentrum sollen rund 800 Führungskräfte und leitende Angestellte der Bahn in speziell dafür entwickelten Seminarprogrammen geschult werden.

Günter Schenke

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