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Landeshauptstadt: Stapelware vom Feinsten

Handgeknüpfte Teppiche gibt es bei Ulla Durstewitz-Jasper, die exklusiv in Nepal produzieren lässt

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Ulla Durstewitz-Jasper ist eine leidenschaftliche Geschichtenerzählerin. Neulich stand sie in Amsterdam vor dem Haus eines Kunden, der zwei große Teppiche ausprobieren wollte. „So ein schmales, hohes Haus an einer dieser historischen Grachten“, sagt sie. Zwar habe sie einen Parkplatz direkt vor der Haustür gefunden – ein Wunder in dieser Stadt –, aber dann war niemand da, der ihr beim Tragen hätte helfen können. Sie rätselte, wie sie die schweren Teppiche in den dritten und vierten Stock bekommen sollte, als ein Amerikaner spontan Hilfe anbot und schließlich alles hinaufschleppte. „Der war mein Engel“, sagt die zarte Frau.

Ulla Durstewitz-Jasper kam vor zweieinhalb Jahren aus Frankfurt am Main nach Potsdam und brachte ihren Teppichladen mit. 2012 eröffnete sie „Jasper – Exklusive Teppiche“ in einem Haus im Holländischen Viertel. Liebe auf den ersten Blick sei das gewesen, sagt sie. Mit Frankfurt sei sie nie richtig warm geworden. Doch ihr Mann stammte aus der Region, und so bauten sie dort das Geschäft auf. Jetzt ist sie nach dem Tod ihres Mannes allein – und schwärmt für Potsdam.

Ihr Geschäftsmodell hat sie der Stadt angepasst. Im Vergleich zur überbordenden Auswahl, wie es in der geschäftigen Stadt Frankfurt gut ankam, wirken die Ladenräume in dem Holländerhaus von 1750 fast kahl. Zwei Stühle müssen als Mobiliar reichen, eine Rückwand ist mit einem deckenhohen Regal voller Muster belegt. Der übrige Raum ist den Teppichen vorbehalten. Einige hängen an den Wänden, andere liegen, zu handlichen Paketen gefaltet, auf dem Boden. Jeder Teppich ein Unikat, Stapelware vom Feinsten. „Setzen Sie sich ruhig“, sagt Ulla Durstewitz-Jasper, sie tue das auch immer.

Und so kommt man sich als Kunde ein wenig vor wie in einem asiatischen Märchen. Oder wie die Prinzessin auf der Erbse. Die geschichteten Teppiche aus Seide, Schafwolle oder Baumwolle und ohne nervende Gummibeschichtung an der Rückseite muten wie dicke, plüschige Decken an und sind dennoch robust. Hier ist Anfassen erlaubt und erwünscht. Es geht auch nicht anders, unweigerlich gleitet man mit der Hand über den Flor. Bei Seidenteppichen kann man im Muster malen, jeder Fingerstrich hinterlässt eine bewegliche, glänzende Linie. Wollteppiche sind unaufgeregter. Schwer sind sie alle, ein Exemplar von 2,50 Meter mal 3 Meter kann bis zu 40 Kilogramm wiegen. Ulla Durstewitz-Jasper wiegt 48 Kilogramm und ist 160 Zentimeter groß. „Das muss kein Hindernis sein, ich weiß schon, wie man die Dinger anpackt“, sagt sie.

Die Leidenschaft für die edlen Textilien hatte die ausgebildete Designerin mit ihrem Mann geteilt. Gemeinsam mit dem Archäologen begann sie einen Teppichhandel und gründete bald eine eigene Manufaktur in Nepal. „Ein klassisches Teppichland, die wissen einfach, wie es geht“, sagt sie. 50 Arbeiter, überwiegend Männer, sind dort beschäftigt, knüpfen die Teppiche von Hand an großen Rahmen. 100 000 Fäden pro Quadratmeter. Stets nach den Ideen und Vorlagen von Ulla Durstewitz-Jasper, natürlich auch nach individuellen Wünschen der Kunden. Mit Vorliebe entscheidet sich die Designerin für Muster, in denen moderner Chic auf Klassik oder ethnische Motive trifft. Manche Stücke erinnern an mittelalterliche Wandgestaltung, verspielte Fresken auf kühler Seide, andere an zeitgenössische Malerei. „Ich mag amorphe Formen“, sagt sie. Einfarbige Stücke werden durch Strukturen im Material aufgelockert. Inspiration für die Muster holt sie sich häufig aus der Natur. „Oder ich sehe eine Frau mit einem hübschen Kleid und finde dort Motive, die ich weiterentwickle.“

In Nepal werden daraus die schönsten Teppiche aus Wolle und Seide, gefärbt mit synthetischen und dadurch lichtbeständigen Farben, die umweltverträglich verarbeitet werden, so Ulla Durstewitz-Jasper. Die gesamte Produktion aus Nepal wird in Potsdam vertrieben und geht von hier in alle Welt. Jasper-Teppiche liegen in den USA, in Italien, in Spanien. Und natürlich in Potsdam. Ulla Durstewitz-Jasper hat schon viele schöne Häuser von innen gesehen. Das gehört zum Service, Hausbesuche, einmal, zweimal. Bis alles stimmt, Größe, Design, Farbgebung. Und vor allem: Was braucht der Kunde? Einen etwas robusteren Teppich für den Essbereich einer Großfamilie oder etwas Kuscheliges für den Single mit Katze? Auch Katzenkrallen, sagt Ulla Durstewitz-Jasper, hält so ein Teppich aus – und sollte mal ein Fädchen gezogen werden, ist das schnell repariert, weil es eben Handarbeit ist. Die Expertin hebt ein Teppichstück an und zeigt an der Unterseite, wie die Fäden zusammengehalten werden, wie einfach es wäre, mit der richtigen Farbe ein Loch zu stopfen.

Mehr als 500 Farben kann man im Musterkoffer mit den vielen bunten Wollpüscheln finden. Und sich daraus einen Teppich im Lieblingsdesign entwerfen lassen. Wenn dennoch die Wunschfarbe fehlt, gibt es weitere Möglichkeiten. Sie habe auch schon mal ein Kleid mit der perfekten Farbe in die Manufaktur geschickt, erinnert sich die Inhaberin.

800 bis 1000 Euro kostet letztlich ein Quadratmeter, doch dafür bekomme man ein Produkt, das viele Jahre halte. Ein Teppich, bei dem auch die Farben nicht ausbleichen. Als Pflege empfiehlt Ulla Durstewitz-Jasper Handwäsche in einer speziellen Reinigungsfirma. „Dann hat man alle sechs Jahre einen schön duftenden Teppich“, sagt sie schwärmerisch.

Hebbelstraße 50, Tel. (0331) 97934719

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