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Landeshauptstadt: Stark überbucht
Die Uni Potsdam startet mit über 4200 neuen Studierenden ins Wintersemester – mehr, als es Plätze gibt
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Zumindest hier gab es genug Platz. Als der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, am Montagabend die neuen Studierenden in der Waschhaus-Arena begrüßte, hätten nochmal so viele in die riesige Halle gepasst. An der Universität wird es für die Neuen dann allerdings enger werden. Denn zum nun beginnenden Wintersemester 2014/15 wird die Hochschule in den Bachelorstudiengängen und zur ersten Juristischen Prüfung mehr Studienanfänger aufnehmen als im Vorjahr. Mit 4212 Studierenden im ersten Fachsemester hat die Uni in diesem Jahr fünf Prozent mehr Neuzugänge, im ersten Hochschulsemester sind es sogar neun Prozent mehr. Noch sind es vorläufige Zahlen, es können sogar noch einige Hundert hinzukommen. Auch bei den Master-Studierenden, die noch bis November immatrikuliert werden, zeichnet sich eine steigende Studierendenzahl ab.
Insgesamt kommt die größte Hochschule des Landes damit auf 19 658 Studierende, fast ein Prozent mehr als im Oktober vergangenen Jahres. „Damit sind wir überbucht“, sagte Uni-Präsident Günther am Montag vor der Presse. Man sei ausgelastet, in einigen Bereichen sogar überlastet. Ausfinanzierte Studienplätze hat die Hochschule laut Günther nur rund 15 000. „Das ist ein Dilemma“, so Günther. Immerhin liegt man derzeit noch unter den Zahlen von 2010, als 20 332 Studierende eingeschrieben waren.
Die Uni überbuche nicht absichtlich, sondern aufgrund der hohen Nachfrage. Die Zulassung sei immer ein Balanceakt, die Uni wolle ihr Kapazitäten auslasten, aber jeder Student koste wiederum bis zu 15 000 Euro mehr.
Die Nachfrage nach Studienplätzen in Potsdam ist ungebrochen groß. Wie bereits im Vorjahr kamen auf einen Studienplatz der Uni acht Bewerber. Es gab insgesamt 28 330 Bewerbungen auf 3636 Studienplätze. Besonders nachgefragt waren vor allem die Bachelorstudiengänge Europäische Medienwissenschaften und Psychologie, positiv entwickelt haben sich auch die im Vorjahr gegründete Jüdische Theologie, mit 68 Erstsemestern liegt die Auslastung bei 150 Prozent. In Psychologie hat man nun 80 Bewerber mehr aufnehmen müssen. Das Fach ist fast doppelt überbucht. Was bedeutet, dass in drei Jahren 80 zusätzliche Abschlussarbeiten zu betreuen sind. Das geht nicht ohne zusätzliches Personal, wie Günther betonte. Das werde die Hochschule mindestens eine Dreiviertelmillion Euro mehr kosten.
Die Universität würde gerne mehr Studierende aufnehmen, doch dies sei bei den niedrigen Mittelzuweisungen durch das Land nicht möglich, so Günther. Gerade erst hatte eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) ergeben, dass Brandenburg im Jahr 2011 mit 6666 Euro Ausgaben pro Studierendem weiterhin bundesweit auf dem letzten Platz landete. Immerhin sind die Landeszuwendungen seitdem leicht angestiegen. In den Koalitionsverhandlungen von Rot-Rot wurden den Hochschulen 100 Millionen Euro mehr für die kommende Legislatur versprochen – zu wenig, sagt Günther (siehe Interview).
Die Folgen der knappen Kassen sind bei der Potsdamer Uni nun spürbar: „Es zeigen sich deutliche Engpässe, besonders in den Pflichtbereichen des Studiums“, wie der Uni-Vizepräsident für Lehre und Studium, Andreas Musil, erklärte. In einigen Fächern könnten nicht alle Studierenden an Pflichtveranstaltung teilnehmen, so etwa an den erziehungswissenschaftlichen Vorlesungen für das Lehramt. „Dadurch verlängert sich das Studium“, so Musil. In einigen Fächern wie den stark nachgefragten Europäischen Medienwissenschaften fehle es an Ausrüstung, in anderen an Laborplätzen. Laut Günther wären 30 bis 40 weitere Professoren nötig, um an den Bundesdurchschnitt im Bereich der Lehre aufzuschließen.
Das schwierige Unterfangen der Potsdamer Uni sei nun, bei gleichbleibend hoher Leistung im Bereich der Spitzenforschung auch eine qualitativ hochwertige Lehre anzubieten. „Das ist aber ohne zusätzliches Personal nicht möglich“, so Günther. Hier bleibe man im deutschlandweiten Vergleich zurück. Die Potsdamer Uni verfügt über rund 166 Millionen Euro im Jahr, wobei 98,9 Millionen Euro aus Landesmitteln, 17 Millionen Euro aus Bundesmitteln und 50 Millionen aus selbst eingeworbenen Drittmitteln stammen, die nahezu ausschließlich für Forschungszwecke zu nutzen sind.
Die neuen Studierenden erwarten nun also große Arbeitgruppen, Schichtbetrieb an Geräten und Engpässe bei Abschlussarbeiten. Doch am Abend beglückwünschte Uni-Chef Günther die Neuen erst einmal zu ihrem Studienplatz – ist der doch nichts Selbstverständliches. Von acht Bewerbern musste man sieben wieder nach Hause schicken. Trübsal wollte Günther aber nicht aufkommen lassen. Am späteren Abend stand er noch am Mischpult und legte Platten auf. Er zog Lady Gaga und Pharrell Williams „Happy“ aus der Platten-Sammlung. Zur Aufmunterung, wie er sagte.
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