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Sport: Starkes starke Leistungen Er heißt Benjamin, trainiert bei Jörg Hoffmann und schwamm sich gestern in die WM-Freistil-Staffel

Die Deutschen Schwimm-Meisterschaften in Berlin werden derzeit von der Öffentlichkeit wegen eines anderen sportlichen Großereignisses kaum wahrgenommen – zu unrecht. Am gestrigen dritten Finaltag zum Beispiel schwamm die Siegerin über 200 Meter Freistil der Frauen, die 26-jährige Annika Liebs aus Würzburg, mit 1:57,56 Minuten eine Zeit, die noch nie zuvor bei Deutschen Titelkämpfen erreicht wurde.

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Die Deutschen Schwimm-Meisterschaften in Berlin werden derzeit von der Öffentlichkeit wegen eines anderen sportlichen Großereignisses kaum wahrgenommen – zu unrecht. Am gestrigen dritten Finaltag zum Beispiel schwamm die Siegerin über 200 Meter Freistil der Frauen, die 26-jährige Annika Liebs aus Würzburg, mit 1:57,56 Minuten eine Zeit, die noch nie zuvor bei Deutschen Titelkämpfen erreicht wurde. Auch von Franziska van Almsick nicht, die mit 1:56,64 Minuten immer noch den Weltrekord hält. Auch andere DSV-Athleten überzeugten, wie zum Beispiel der 21-jährige Helge Meeuw aus Wiesbaden, der mit dem Sieg über 100 m Schmetterling schon seine vierte Meisterschaft an drei Tagen feierte (zuvor bereits 50 und 100 m Rücken sowie 200 m Schmetterling).

Einen Titel haben Brandenburgs Starter in Berlin noch nicht erschwommen, aber sie waren dreimal dicht dran. Viele Namen müssen dabei nicht aufgeschrieben werden, denn es war dreimal derselbe, der mit couragierten Rennen Deutscher Vizemeister wurde. Benjamin Starke vom PSV Cottbus, der in Potsdam bei Jörg Hoffmann – dem einstigen Welt- und Europameister auf den langen Kraulstrecken – trainiert, ließ der Silbernen am Mittwoch über 200 m Schmetterling gestern einen Doppel-Pack des selben Edelmetalls über 200 m Freistil und 100 m Schmetterling folgen. Gerade mal zwanzig Minuten lagen die beiden Endläufe auseinander, und wahrscheinlich wäre Benjamins Goldchance im kraftraubenden Schmetterlings-Stakkato ziemlich groß gewesen, hätten ihm da nicht schon die 200 Kraul-Meter in Armen und Beinen gesteckt. Gerade mal zwei Hunderstel nach Meister Meeuw schlug Starke in 53,31 s an – und durfte dennoch richtig stolz sein: Immerhin hatte er den DSV-Vorzeigeschwimmer der vergangenen Jahre Thomas Rupprath (Hannover) auf Rang drei verwiesen. Der Wahl-Rostocker hat bislang nur drei dritte DM-Plätze auf seinem Konto und die Qualifikation für die EM Ende Juli in Budapest noch nicht in der Tasche. Benjamin Starke hat auch hier dem Star etwas voraus: Zwar hat er auf allen drei genannten Strecken die Normzeiten mehr oder minder knapp verpasst, aber als 200-Meter-Freistil-Zweiter in 1:49,46 Minuten ist ihm ein Platz in der langen Kraulstaffel bei den WM sicher. Was auch hinreichend erklärt, warum der kräftige 19-jährige das Stressprogramm am Freitag auf sich genommen hat.

Mit der Qualifikation für Budapest ist das Jahresziel freilich noch lange nicht erreicht. „Teilnahme allein kann sportlichen Ehrgeiz nicht befriedigen. Eine Medaille sollte dort schon herausgekommen“, sagt Benjamin Starke. Immerhin war er mit der langen Freistilstaffel bei der WM 2005 in Montreal schon Fünfter, danach bei der Kurzbahn-EM über 200 m Freistil und 200 m Schmetterling jeweils Siebenter. „In Budapest will ich mich weiter steigern“, verkündet er.

Starke gehört zu den nicht allzu zahlreichen Beispielen dafür dass erfolgreiche Junioren relativ nahtlos den Übergang zur Seniorenspitze schafften. 2003 und 2004 gewann er insgesamt sieben Medaillen bei JEM: zweimal Gold (zwei Einzeltitel über 50 und 100 m Schmetterling), dreimal Silber und zweimal Bronze. Dabei hat er so richtig mit dem Schwimmen vergleichsweise spät angefangen; erst 1999. Bis dahin war er vorwiegend Radsportler, dann aber wurde von den Medizinern als Gleitwirbel bezeichneter Rückenfehler festgestellt, der eine Entscheidung fürs bis dahin nebenbei betriebene Schwimmen nahe legte. Den Wechsel hat er bis heute nicht bereut, auch nicht die Spezialisierung auf die Schmetterlingslage. „Selbst wenn es mir niemand glaubt, die 200 Meter Freistil sind viel schlimmer als die 200 Meter Schmetterling, die tun viel mehr weh.“ Für die meisten Normalsterblichen, die 200 Meter im Butterfly-Stil gar nicht schaffen würden, in der Tat schwer vorstellbar.

Dass Benjamin Starke Spaß an seinem Sport hat, ist ihm durchaus anzumerken. 1999 ist er nach Potsdam an die Sportschule gekommen, hat erst bei Matthias Pönisch und dann seit 2004 bei Jörg Hoffmann trainiert. „Da habe ich noch mal einen richtigen Sprung gemacht und eine Ahnung davon bekommen, was ich leisten kann.“ Hoffmann jedenfalls hatte beim jetzigen Championat in Berlin deutlich mehr Anlass zur Freude als zu Kritik in Sachen Starke. „Er geht an seine Leistungsgrenzen und man merkt ihm an, dass er will – so etwas freut den Trainer.“

Und auch die Eltern, die auf der Tribüne dabei waren, als der Filius zu Silber schwamm. Vater Starke übrigens kennt sich aus bei sportlicher Ehrgeizbefriedigung: er war einst DDR-Meister im Boxen. Möglicherweise hat er auch in Berlin noch mehr Anlass zum Jubel, denn Sohn Benjamin hat mit den 200 Meter Rücken und 50 Meter Schmetterling noch zwei weitere Strecken auf dem DM-Zettel.

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