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Landeshauptstadt: Start des 160-Millionen-Streits

Die Potsdamer Schulneubaupläne und ihre ungesicherte Finanzierung: Widerstand bei kommunalen Unternehmen und Kritik aus der Stadtpolitik

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Die weitreichenden Planungen für neue Schulen in der Stadt sorgen für Streit auf allen Ebenen. Zugleich wird nach PNN-Informationen immer klarer, dass es speziell im Norden der Stadt trotz der geplanten Neubau-Projekte für einige Jahre mehr Schüler als Plätze geben wird. 

Deswegen wird in der Stadtverwaltung bereits geprüft, an welchen Standorten im Norden Schul-Container aufgestellt werden könnten, in denen dann unterrichtet werden soll. Zudem wird untersucht, in welchen Schulen mehr Schüler als bislang geplant unterkommen können. Solche Lösungen hatten in der Vergangenheit mehrfach für Kritik bei Eltern gesorgt. Konkrete Details kann die Stadtverwaltung allerdings noch nicht nennen, wie Stadtsprecher Jan Brunzlow am Donnerstag auf Anfrage erklärte: „Bis zur Fertigstellung der Neubauten wird es Übergangslösungen geben, um vor allem im Norden ausreichend Schulplätze zur Verfügung zu stellen.“ Über Art und Umfang würde derzeit mit den jeweiligen Schulleitern gesprochen.

Am Mittwoch hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärt, dass in den kommenden acht Jahren für sechs neue Schulen inklusive Sportstätten und Horte sowie weitere Sanierungsmaßnahmen zusätzlich 160 Millionen Euro nötig sind. Zuvor waren die Pläne an die Presse durchgesickert. SPD-Chef Mike Schubert kritisierte am Donnerstag, er erwarte vom zuständigen Bildungsfachbereich keine derartigen Überraschungen, sondern ein ordentliches Verfahren. Auch Linke-Oppositionschef Hans-Jürgen Scharfenberg moniert, dass es trotz Nachfragen bisher keine derlei konkreten Zahlen gebe: „Da ist nicht offenherzig agiert worden.“

Im Rathaus selbst ist nach PNN-Informationen bereits knapp ein Jahr lang bekannt, dass in Potsdam noch einmal vier oder fünf neue Schulen gebaut werden müssen, um die steigenden Schülerzahlen zu bewältigen. Dies soll Bildungsdezernentin Iris Jana Magdowski (CDU) während der Beratungen zum inzwischen beschlossenen Doppelhaushalt erklärt haben – sehr zum Unwillen ihrer Kollegen und von Jakobs, die sich dem Vernehmen nach überrumpelt fühlten. Denn auch damals war schon von mehr als 100 Millionen Euro die Rede.

Die Dezernentin fühlt sich zu Unrecht kritisiert. Ihr Sprecher Brunzlow sagte, Grundlage der derzeitigen Planungen seien detaillierte Bevölkerungsprognosen von Ende 2012. Schon damals habe die Beigeordnete betont, dass die rege Bautätigkeit und der Zuzug die bisherigen Prognosen überholt haben und dies Auswirkungen auf die Schulentwicklung habe, so Brunzlow weiter.

Auch FDP-Fraktionschef Johannes von der Osten-Sacken sagte am Donnerstag, wer von den aktuellen Kosten für den Schulneubau überrascht sei, „hat bisher den Kopf in den Sand gesteckt“. Über Bevölkerungswachstum und Schülerzahlen sei in zahlreichen Gremien diskutiert worden. Er forderte die Stadt auf, unter anderem auch ÖPP-Projekte, also öffentlich-private Partnerschaften, zu prüfen. Dann würden private Investoren mit dem Schulneubau beauftragt. „Es wäre verantwortungslos, diese Möglichkeit weiter für uns auszuschließen“, sagte von der Osten-Sacken. Allerdings ist das ÖPP-Modell umstritten, weil es nach Ansicht von Experten für die öffentliche Hand am Ende oft teurer wird als eine Sanierung oder ein Neubau in Eigenregie.

Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) kündigte an, die Kredite für die Schulen mit einer Mischung aus Einsparungen und Mehreinnahmen zu finanzieren – sowie mit Geldern aus den kommunalen Unternehmen (siehe Interview). Dort schwankten die Reaktionen am Donnerstag zwischen kühler Zurückhaltung bis hin zu unverhohlener Ablehnung. „Dass Schulbauten auch durch unsere Gesellschaft finanziert werden sollen, ist uns nicht bekannt“, sagte eine Sprecherin der städtischen Bauholding Pro Potsdam. Bisher habe die Stadt bewusst auf Gewinnausschüttungen verzichtet, um die Handlungsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Angesichts zunehmender Anforderungen im Bereich der Stadtentwicklung – etwa die Sanierung von ehemals restitutionsbehafteten Wohnblöcken wie der Heidesiedlung bei steigenden Baukosten – wären sogar Mittelzuflüsse durch die öffentliche Hand nötig, erklärte die Sprecherin. Sprecher der kommunalen Stadtwerke und des Klinikums „Ernst von Bergmann“ verwiesen darauf, dass die Lage zunächst mit der Stadt besprochen werden müsste.

Auch andere Finanzierungswege werden in der Stadtverwaltung geprüft. Exner sagte den PNN, das Landesjugendamt sei derzeit der Meinung, dass Hort- und Grundschulräume nicht gemeinsam genutzt werden könnten. „Wir sehen das anders.“ Wenn Horte nicht gebaut werden müssten, könnten sich mehrere Millionen Euro sparen lassen, so Exner.

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