SERIE: Start-Up Potsdam Berufung Israel
Claudia Frenzel hat ihr Studium abgebrochen und eine Agentur gegründet
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Die hohe Emotionalität, die Claudia Frenzel der israelischen Kultur zuschreibt, bringt sie selbst mit. Anders lässt sich ihre Verbindung zu dem Land und seiner Kultur nicht erklären. Zumindest entspringt sie nicht einem jüdischen Elternhaus, familiären Holocaust-Erfahrungen oder Schuldgefühlen. „Ich hatte eine sehr gute Geschichtslehrerin, die viel erzählt und die Vergangenheit dadurch lebendig gemacht hat“, erzählt die Musikjournalistin. „Da hat mich die Geschichte gepackt. Der Holocaust ist unser Rucksack und wird immer ein Teil von uns sein“, sagt sie. Jeder sollte sich damit auseinander setzen. „Bei mir war es dann eben ein wenig intensiver und länger.“
Deshalb begann Claudia Frenzel 1995 Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Potsdam zu studieren. Das sind die Inhalte, die sie interessierten und die ihren Berufswunsch Journalistin inhaltlich ausfüllen sollten. „Ich habe zu den Studenten gehört, die sich ihr Studium finanziell erarbeiten mussten.“ Deshalb habe sie auch immer den Bezug zur Praxis gehabt, im Gegensatz zu anderen Studenten. „Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass es mich nicht mehr weiter bringt.“
Was heute wie ein klarer Schnitt klingt, dauerte über ein Jahr. Zu akzeptieren, das Studium nach 18 Semestern abzubrechen, fiel ihr nicht leicht. Sie ist ein Mensch, der mit Herz an einen Job geht. Für das Studium hatte sie es nicht mehr. Nach zwölf Monaten Verdacht sah sie ein, dass sie zwar „viel Wissen und Anregungen“ aus der Uni mitgenommen hatte, aber sie nicht mehr dort hingehörte. Ein wenig klingt es auch wie der Abschied von der Geschichte und Politik. Es war für sie ein sich umdrehen und in die Zukunft gehen – inhaltlich und persönlich.
Was sie jetzt macht, dafür kann sie wieder hundertprozentig einstehen. Dass sie für das Thema israelische Musik und Kultur lebt, wird jede Sekunde klar, die sie darüber spricht. Sie sprudelt los, zeigt Begeisterung. So in etwa hat sie auch ihren Arbeitsalltag in den letzten Jahren bestritten. Sechs Tage in der Woche war die Regel. Was sie sich in den letzten Jahren aufgebaut habe, gebe ihr Sicherheit. „Mit dem hohen Selbstausbeutungsanteil habe ich in die Zukunft investiert und tue es immer noch“, stellt die jungen Frau mit den roten Haaren fest. Deshalb hatte sie auch keine Ängste vor der Gründung einer Agentur für israelische und jüdische Kultur. Die weiterlaufende Freiberuflichkeit bezahle ihre Miete. „Ohnehin fällt man in Deutschland sehr weich, wenn es mit der Selbstständigkeit nicht klappt. In Israel ist das nicht so.“ Die Agentur organisiert für Bands aus Israel oder mit einem jüdischen Hintergrund Tourneen in Deutschland. Auch Empfänge und Parties organisert die Gründerin.
Sofort infiziert war Claudia Frenzel als sie sich auf dem Rückflug aus Israel die CDs anhörte, die sie sich gerade erkämpft hatte. Das Programm der Bildungsreise mit der Böll-Stiftung, die die Studentin 2003 erste Mal nach Israel gebracht hatte, war bis in die letzte Minute verplant. Dem Organisator konnte Claudia Frenzel dennoch 20 Minuten abringen. Die brauchte sie, um sich Musik zu besorgen. Schon damals arbeitete sie nebenbei als Musikjournalistin. Für sie gehört es einfach zum Kennenlernen einer Kultur dazu, die Musik zu entdecken. Und ohne ein paar CDs wollte sie das Land nicht verlassen.
Mit dem Namen einer Hiphop-Band ging sie in einen Plattenladen. Dem israelischen Verkäufer konnte sie mit ihrer direkten Art und dem Bandnamen schnell klar machen, dass sie nicht die übliche Souvenirmusik kaufen will. Sie wollte, was die jungen Einheimischen hören. Resultat waren 15 neue Alben, die sie nach Hause begleiteten. Sofort hatte sie die Musik ihren Kollegen bei Radio Multikulti vorgestellt. Womit nicht enden wollende Gespräche begannen. Oft bekam sie beim Thema Israel zu hören, die Sprache verstehe niemand, das habe zu viel politischen Hintergrund oder da bekomme man Ärger. „Zu Israel sind die Meinungen sind oft sehr polarisiert“, sagt die gebürtige Greizerin.
Früher, da habe sie versucht die Menschen zu bekehren. Heute lasse sie die Menschen lieber erleben und fühlen, was israelische Musik und Kultur bedeutet. „Oft sage ich gar nicht, woher die Musik kommt, hinterher ist das Erstaunen dann groß“, erzählt die Journalistin. Wenn Menschen sich darauf einlassen, sind sie meistens begeistert und können sich der Musik nicht entziehen.“ Die 33-jährige, nennt es das „besondere Flavour“ der israelischen Musik. Dieses „Flavour“, das die israelische Musik mit sich trage, sei eine Mischung aus den verschiedenen Kulturen und der Situation im Land. Der allgegenwärtige Kriegszustand mache die Musik gefühlsbetont und die Menschen kreativ. „Es gibt einen unglaublichen Drang sich auszudrücken“, weiß Claudia Frenzel. Das Land lässt sie nun nicht mehr los, alleine im vergangenen Jahr ist sie sechs mal nach Tel Aviv gereist.
Mehr zu Claudia Frenzel ist unter www.myspace.com/claudiafrenzel zu finden.
Anja Reischke
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