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Landeshauptstadt: Stichwort Anna Amalia

Schlösserchef Dorgerloh warb im Neuen Palais bei Berliner Abgeordneten um Geld für Sonderinvestitionen

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Sanssouci - Nach dem ersten Queen-Besuch 1991 war Schluss. Die Sanierung der Fassade des 1763 bis 1769 auf Geheiß Friedrich II. errichteten Neuen Palais war noch zu DDR-Zeiten begonnen und zum Besuch der englischen Königin abgeschlossen worden. Seitdem geschah an dem 300-Zimmer-Schloss nur noch wenig, erläuterte gestern der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh, seinen Gästen, den Mitgliedern des Kulturausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses. Sie waren für ihre Sitzung ins Schlosstheater des Neuen Palais gekommen, denn auf ihrer Tagesordnung stand die Forderung der Schlösserstiftung nach einem Sonderinvestitionsprogramm für die Schlössersanierung. Beim 300. Geburtstages Friedrichs des Großen im Jahr 2012 wird neben dem Schloss Sanssouci das Neue Palais im Fokus des Besucherinteresses stehen.

Im Unterschied zu anderen Führungen stellte Dorgerloh den Berliner Parlamentariern nicht die Schönheiten des Neuen Palais heraus. Vielmehr zeigte er Schäden an dem Barockschloss, für dessen vollständige Beseitigung etwa 150 Millionen Euro notwendig sind. Die technischen und logistischen Herausforderungen der Sanierung des Neuen Palais sind enorm, erklärte Dorgerloh. Er zeigte im Grottensaal – „einer der prächtigsten Säle“, so Dorgerloh – auf einen Stein von der Spitze des Kilimandscharo, auf von Alexander von Humboldt gesammelte Rauchquarze – und auf von Regenwasser beschädigte Wände. Wie Dorgerloh ausführte, wollte Friedrich II. aus ästhetischen Gründen keine Dachrinnen. Deshalb werde seit 240 Jahren nach Innen entwässert. Aus den Rohren im Mauerwerk dringe das Wasser und sorge für Schwammbefall und Rost an den Halteankern der Marmortafeln.

In einer Fürstenwohnung traf der Schlössergeneral auf das besondere Interesse seiner Berliner Gäste, als er auf die Berliner Seidentapete des 18. Jahrhunderts deute: „Die gibt es kein zweites Mal“, so Dorgerloh. Märkisch sparsam sind diese direkt auf Holzbohlen aufgeklebt, die von Holzwürmern befallen sind. Dorgerloh: „Die fressen sich rund und lassen das Mehl rieseln.“

Der Schlösserchef deutete auf ein weiteres Berliner Produkt, einen Kronleuchter der Königlichen Porzellan Manufaktur (KPM). Die KPM, die Seidenweberei der Hugenotten und auch die Glashütten der Mark seien oft nur durch königliche Großaufträge über die Runden gekommen. Dorgerloh „Das war Wirtschaftsförderung durch Luxus“. Bis 2012 werde das Fürstenzimmer für eine Million Euro durch Mittel des World Monuments Fund und des Sparkassen-Fonds saniert. Es gelinge, privates Kapital für den Denkmalschutz zu gewinnen, „aber nur, wenn wir unsere Hausaufgaben machen“, mahnte Dorgerloh an die Adresse der öffentlichen Hand.

Dass es bei seiner Millionen-Forderung für ein Sonderinvestitionsprogramm nicht nur um Sanierung sondern um schlichten Erhalt durch Brandschutz geht, machte Dorgerloh bei der Präsentation des Depots im Dachgeschoss des Neuen Palais deutlich. „Hier heißt das Stichwort Anna Amalia – sie haben die gleichen Assoziationen wie ich?“, sprach Dorgerloh den verheerenden Brand in der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek 2004 an. Das Dachgeschoss des neuen Palais ist vollgestellt etwa mit Mobiliar aus noch nicht sanierten Schlössern wie dem Schloss Babelsberg.

„Der Fußboden ist leicht bröselig“, erklärte Dorgerloh seinem Besuch später im Marmorsaal. Der daneben gelegene Tanzsaal sei komplett für Besucher gesperrt, „weil die Decke runterzufallen droht“. Risse an den Deckenbildern im darunter gelegenen Saal deuteten dies an. Als „Beispiel für akuten Handlungsbedarf“ zeigte Dorgerloh ferner auf eine zu Boden rieselnde Edelsteintäfelung.

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