Landeshauptstadt: Stieftochter bereits im Grundschulalter sexuell missbraucht?
Angeklagter bestreitet die schweren Vorwürfe / Rache als Motiv der Anzeige? / Gutachten zur Glaubwürdigkeit des Mädchens
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Angeklagter bestreitet die schweren Vorwürfe / Rache als Motiv der Anzeige? / Gutachten zur Glaubwürdigkeit des Mädchens Von Gabriele Hohenstein Leise schildert Liane G.* (17) vor dem Jugendschöffengericht, wie sie von ihrem Stiefvater im Alter von zwölf Jahren mehrfach an der Brust berührt wurde. Später, so die Schülerin, habe er ihr nach dem Duschen zwischen die Beine gegriffen, um zu kontrollieren, ob sie sich ordentlich gewaschen habe. Gute-Nacht-Küsse sollten „mit Zunge“ vonstatten gehen. „Dabei war er immer betrunken.“ Erst im vorigen Jahr – 23 Monate nach der Scheidung ihrer Mutter von dem Mann und dem Auszug aus der Wohnung - habe sie den Mut gefunden, Anzeige zu erstatten. „Ich dachte, wenn ich meinen Stiefvater nicht mehr sehe, komme ich über die Sache weg“, begründet Liane ihr Zögern. „Das klappte aber nicht. Ich habe die Übergriffe bis heute nicht verkraftet“, meint sie mit Tränen in der Stimme. Eine sehr viel ältere Freundin habe sie schließlich davon überzeugt, zur Polizei zu gehen. Rainer G.* (45) auf der Anklagebank vermutet Rache als Motiv der gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Er habe weder die von seiner Frau mit in die Ehe gebrachte Liane, zu der er stets ein gutes Verhältnis hatte, als auch seine zwei leiblichen Kinder jemals unsittlich berührt, beteuert der Brunnenbauer. Es habe nicht einmal übertriebene Zärtlichkeit innerhalb der Familie gegeben. Als seine Gattin im Dezember 2000 mit den drei Sprösslingen auszog, habe sie ihm gedroht, sie würde sich noch etwas einfallen lassen, um ihn fertig zu machen, berichtet der wegen sexuellen Missbrauchs Angeklagte. Allerdings habe seine Ex-Frau anfangs keine Kenntnis von der Anzeige gehabt. „Ich denke, Liane war sauer, dass ich sie nicht adoptiert habe.“ Und da sei auch noch die Geschichte mit dem verheirateten Mann gewesen, dem sich die Stieftochter zugewandt hatte. „Sie trafen sich regelmäßig. Er machte ihr Geschenke zum Geburtstag und zur Konfirmation“, erinnert sich Rainer G. Er habe das „schon ein bisschen komisch gefunden“ und mit der damals 13-Jährigen geredet. Vielleicht – so seine Ansicht – habe sie ihm sein Einmischen übel genommen. „Ansonsten habe ich wirklich keine Erklärung dafür, wie sie so etwas behaupten kann“, erklärt der kräftige Mann. „Wie sieht es bei Ihnen mit Alkohol aus“, fragt Staatsanwältin Sigrid Komor den Angeklagten. Der wiegelt ab. Er habe höchstens mal ein paar Gläser getrunken, als die Streitereien mit seiner Ehefrau überhand nahmen, die bisherige Gemeinschaft sich dem Ende zuneigte, betont er. „Mutti hat sich doch wegen deiner Trinkerei von dir scheiden lassen“, wirft Liane ein. Im Übrigen sei sie gar nicht scharf darauf gewesen, von Rainer G. – den sie lange Jahre für ihren leiblichen Vater hielt – adoptiert zu werden. Inzwischen habe sie bereits Schritte eingeleitet, um ihren Geburtsnamen wieder anzunehmen. Der Angeklagte solle in sich gehen und seine bisherige Aussage überprüfen, regt das Gericht an. Rainer G. bleibt dabei: „Da war nichts!“ Jetzt wird ein Gutachter eingeschaltet, der die Glaubwürdigkeit der detailreichen Aussagen des Mädchens bewerten soll. (*Namen geändert.)
Gabriele Hohenstein
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