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Aus dem GERICHTSSAAL: Stieftochter missbraucht: Bewährungsstrafe Angeklagter 61-Jähriger schwieg zu den Vorwürfen

Der Missbrauch durch den Stiefvater begann, als Lena* neun Jahre alt war. Das war 1993.

Stand:

Der Missbrauch durch den Stiefvater begann, als Lena* neun Jahre alt war. Das war 1993. Der letzte Vorfall ereignete sich laut Staatsanwaltschaft im März 2001. Obwohl es um eine Vielzahl von Taten ging, waren nur drei Fälle angeklagt. Ralf R.* (61) schwieg zu den Vorwürfen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Birgit von Bülow glaubte der inzwischen 28-jährigen Lena, die im Prozess als Nebenklägerin auftrat. Es verurteilte den Unternehmer wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe zu einem Jahr und sechs Monaten, die für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Lena – inzwischen Mutter eines kleinen Mädchens – schilderte im Zeugenstand, wie sich das Gefühl der Gelähmtheit, das sie bis dahin beherrschte, in der Schwangerschaft in das Bedürfnis nach Selbstständigkeit wandelte. Sie habe gezielt psychologische Betreuung gesucht, sich an die Opferhilfe gewandt, um die Vergangenheit aufzuarbeiten, schließlich den Entschluss gefasst, den Stiefvater anzuzeigen. Kontakt zu ihm bestehe seit ihrem 18. Lebensjahr nicht mehr. Zu ihrer Mutter und einigen Verwandten, die offenbar nicht sehen wollten, was da lange Zeit passierte, habe sie die Verbindung inzwischen auch gelöst. „Es ist mir egal, wie das Verfahren ausgeht. Ich mache das für mich. Ich will andere Kinder in seinem Umfeld schützen“, sagte Lena.

„Ich habe immer gedacht, das muss meiner Mutter doch auffallen, wenn er so lange in meinem Zimmer ist“, erzählte die Studentin. „Warum kommt sie nicht nachgucken? Ich bin überzeugt davon, dass sie etwas wusste.“ Um sich gegen die Übergriffe des Mannes zu wappnen, der „eigentlich der Papa war“, habe sie extra viel Unterwäsche angezogen, sich totgestellt, wenn alles nichts half. „Ich habe mir gesagt, dann passiert es nicht wirklich“, so Lena. Oft habe sie ihren Kopf gegen die Wand gehauen, bis sie „Sternchen sah“, sich auch anderweitig verletzt. Lena schlief mit einem Messer unter dem Kopfkissen, hatte immer einen gepackten Rucksack im Zimmer, falls sie es gar nicht mehr aushalten würde.

„Unser Stiefvater hat uns zur Begrüßung und zum Abschied immer an den Po gefasst. Bei mir hat sich das darauf beschränkt“, erinnerte sich Lara* (30), die ältere Schwester von Lena, im Zeugenstand. „Ich hätte mir auch nicht mehr bieten lassen. Aber Lena hat sich nie gegen ihn gewehrt. Sie ist die Ruhigere von uns beiden. Lange hat sie nichts erzählt. Einmal meinte sie dann, der Papa habe sie angefasst, wie es sich nicht gehört. Ich musste schon ganz schön bohren, bis sie mir ein bisschen mehr berichtete.“

Auch die leibliche Tochter des Angeklagten wurde in den Zeugenstand gerufen. Die Immobilienmaklerin zeichnete das Bild eines liebevollen Vaters, der für seine neue Familie ebenfalls nur das Beste gewollt habe. Von Übergriffen habe sie bei Besuchen nichts gemerkt.

„Meine Mandantin hat nicht versucht, die Taten schwerwiegender darzustellen, als sie waren“, führte hingegen Nebenklagevertreterin Ursula Stoof aus. (*Name geändert.) Hoga

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