
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Stille Zeugen auf dem Luisenplatz Mahnmal warnt
vor Baumunfällen
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Die drei jugendlichen Mädchen halten respektvoll Abstand. Der Anhänger mit dem völlig kaputten Auto und den verbeulten Motorrädern sieht auch nicht sehr einladend aus. Um die eingravierten Namen auf den Holzkreuzen lesen zu können, gehen sie ein paar Schritte näher heran. Die Aufschrift auf einem etwa ein Meter hohem Baumstamm ist indes so groß, dass sie auch im Vorbeifahren leicht wahrzunehmen ist: „8 Tote. Muss das sein?“
Die Frage transportiert die gemeinnützige Stiftung zur Vermeidung von Verkehrsopfern durch ganz Deutschland, wenn sie in Städten ihr Unfallmahnmal aufstellt. Seit einigen Tagen steht die Skulptur auf dem Luisenplatz, noch bis Ende Mai wird sie in weiteren Potsdamer Stadtteilen zu sehen sein. Die verbeulten Fahrzeuge sind tatsächliche Unfallwracks. Hinter dem Baumstamm mit der anklagenden Frage steht die tragische Geschichte eines Unfalls, bei dem acht Menschen ihr Leben verloren. In Brandenburg kamen im vergangenen Jahr laut Polizei 67 Menschen bei insgesamt 1985 Baumunfällen ums Leben, 1066 Menschen wurden verletzt.
Die Stiftung finanziert ihre Aktionen, zu denen auch zahlreiche Präventions- und Informationsveranstaltungen gehören, durch Spenden und Bußgelder. In Potsdam hilft der Bestattungsunternehmer Thomas Schellhase beim Aufbau und Transport des Mahnmals. „Der Tod ist unser Geschäft, aber auf diesen Teil können wir verzichten“, sagte der Bestatter am Dienstag bei einem Vororttermin. Verkehrsunfälle, bei denen – oft junge – Menschen aus dem Leben gerissen werden, seien auch für seine Zunft ein schwieriges Metier. „Die Familien und Angehörigen von Verkehrstoten zu betreuen ist eine enorme Belastung“, sagt Schellhase.
Die Stiftung aus Frankfurt am Main, deren Gründer Arthur Möller selbst mehrere Angehörige durch einen Baumunfall verlor, will zugleich den Gesetzgeber dazu bewegen, dass in Kurvenbereichen und Gefahrenzonen keine Bäume mehr am Straßenrand stehen, sondern stattdessen Hecken gepflanzt werden. Ingolf Niesler, Verkehrsexperte im Potsdamer Polizeipräsidium, hält das für eine Möglichkeit, betont aber: „Nicht der Baum ist schuld bei einem Unfall.“ Daher verweist der Polizeioberrat auf den seit 2011 gültigen Alleenerlass im Land Brandenburg. Nach diesem sind Landkreise aufgefordert, auf Landstraßen Tempo 70 anzuordnen, wenn bauliche Maßnahmen nicht möglich sind. Der Statistik zufolge nahm die Zahl von Baumunfällen in Brandenburg seit 2008 trotz Alleenerlass zu, die Zahl an Todesopfern indes nahm ab. pek
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