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Landeshauptstadt: Stillere Nacht

Nachts soll es in Potsdam künftig ruhiger zugehen – dafür will die Stadt sorgen. Sechs neue Tempo-30-Strecken werden eingerichtet

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Mit sechs neuen Tempo-30-Zonen auf wichtigen Straßen will die Stadtverwaltung Hunderte Mieter in der Innenstadt und den nördlichen Vorstädten vor nächtlichem Straßenlärm schützen. Das teilte Stadtsprecher Markus Klier am Dienstag mit. Gegenüber den PNN kündigte er an, dass innerhalb der kommenden Monate weitere Geschwindigkeitsreduzierungen auf wichtigen Potsdamer Trassen geprüft würden – etwa an der Zeppelinstraße.

Die neuen Tempo-30-Zonen betreffen den nördlichen Straßenring – also nacheinander die Behlertstraße, die Straße Am Neuen Garten, die Alleestraße, den Reiterweg, die Jägerallee und die Schopenhauerstraße (siehe Grafik). Dabei wird die Behlertstraße zwischen Berliner und Kurfürstenstraße ganztägig auf Tempo 30 begrenzt. Auf den anderen fünf Straßen können Autofahrer tagsüber weiter 50 Kilometer pro Stunde fahren, nur in der Nacht zwischen 22 und 6 Uhr gilt die neue Geschwindigkeitsbegrenzung.

Mit den Maßnahmen, die innerhalb der nächsten beiden Wochen umgesetzt werden sollen, will die Stadt nach Angaben von Klier die Lärmbelastung von insgesamt rund 1700 Anwohnern durch den Straßenverkehr mindern – allein an der Jägerallee zwischen Hegelallee und Reiterweg leben 400 Anwohner. Zum Hintergrund verwies Klier auf den sogenannten Lärmaktionsplan. Dieser sieht wie berichtet eigentlich vor, dass viele Potsdamer Straßen mit sogenanntem Flüsterasphalt überzogen werden sollen. Doch für den großflächigen Austausch hat die Bauverwaltung einfach nicht genug Geld. Daher muss sich die Stadt auf kostengünstige Maßnahmen gegen den Straßenlärm verlegen – wie die Einführung von Tempo 30 auf einigen stark befahrenen Straßen.

Klier sagte, für eine Geschwindigkeitsbegrenzung durch die Straßenverkehrsbehörde sei jeweils eine Einzelfallprüfung mithilfe eines Lärmgutachtens nötig. In den aktuellen Fällen habe die Untersuchung ergeben, dass Tempo 30 das geeignete und kurzfristig wirksamste Mittel sei, die Anwohner vor Straßenlärm zu schützen. Denn tatsächlich könne die Reduzierung der Geschwindigkeit von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde nahezu eine Halbierung des Lärms bedeuten.

Laut dem bereits 2011 veröffentlichten Lärmaktionsplan zählt der auf der Straße erzeugte Krach zu den mit Abstand wichtigsten Lärmquellen Potsdams. Insgesamt seien rund 15 000 Potsdamer in ihren Wohnungen zu lautem Straßenlärm ausgesetzt, der über den nächtlichen Prüfwerten von 55 Dezibel liegt – das ist etwas lauter als ein Kühlschrank, aber noch leiser als ein Rasenmäher. Ist man hoher Lautstärke dauerhaft ausgesetzt, können Lern- und Leistungsfähigkeit abnehmen und das Herzinfarktrisiko steigen. Inzwischen hat die Stadt bereits reagiert und Tempo-30-Zonen in der Friedrich-Engels-, der Hans-Thoma- sowie der Großbeerenstraße eingeführt.

Und die Maßnahmen gegen Straßenlärm gehen weiter. Laut Klier wird derzeit auch ein Lärmgutachten für die Zeppelinstraße erstellt. An dieser Stelle soll sich Anfang des kommenden Jahres entscheiden, ob Tempo 30 eingeführt wird. Ebenso seien weitere Trassen wie die Breite Straße, die Pappelallee, die Charlotten-, die Karl-Liebknecht- und die Rückertstraße als lärmbelastet ausgewiesen. Auch für diese Straßen sollen in den kommenden Jahren sukzessive Lärmgutachten erstellt werden, kündigte Klier an. Die Dringlichkeit richte sich nach der Anzahl der betroffenen Anwohner.

Grundlage des Lärmaktionsplans ist die EU-Umgebungslärmrichtlinie. Demnach müssen Lärmbelastungen an großen Verkehrsachsen erfasst werden. Dabei wird nicht gemessen: Der Lärm wird unter anderem aus der Verkehrsstärke, dem Lkw-Anteil, der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, der Straßenoberfläche und der Straßenlängsneigung berechnet.

Über Tempo-30-Zonen wird in Potsdam seit Jahren gestritten. Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) hatte solche Zonen immer wieder ins Spiel gebracht, um auch etwa die Sicherheit für Radfahrer zu erhöhen. Zu den Kritikern gehört unter anderem der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC). (mit mar/tor)

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