Landeshauptstadt: Stillstand an der Schlossstraße
Um eine Einigung im Streit um die Synagoge wird weiter gerungen. Mit einem Baustart noch 2013 rechnet inzwischen keiner mehr
Stand:
Seit mehr als zwei Jahren liegt das Grundstück an der Potsdamer Schlossstraße nun schon brach. Eigentlich sollte dort längst die neue Potsdamer Synagoge stehen, doch weil innerhalb der jüdischen Gemeinden ein Streit über die moderne Architektur des Gebäudes entbrannte, wurde im Juni 2011 ein Baustopp verhängt und die Baugrube sich selbst überlassen. Nun ist klar: Auch 2013 wird dort nichts mehr passieren.
Frühestens im ersten Halbjahr 2014 könnten die Bauarbeiten fortgesetzt werden, sagte Wissenschaftsstaatssekretär Martin Gorholt am Mittwoch den PNN. Voraussetzung dafür sei aber, dass es eine Einigung in wesentlichen Punkten gibt. Längst ist nicht mehr nur die Gestaltung des Gebäudes ein Streitpunkt. Auch, ob es als reines Gotteshaus oder auch als Gemeindezentrum fungieren soll, ist umstritten. Und die Trägerschaft ist ebenfalls noch nicht geklärt, vor allem die Zusammensetzung der Gremien. Gorholt, der in der Sache das Land Brandenburg als Geldgeber für die Synagoge vertritt und sich seit Jahren um eine Einigung bemüht, würde am liebsten einen mit allen drei jüdischen Gemeinden besetzten Trägerverein gründen. Derzeit werde an einem Papier gearbeitet, das in wenigen Wochen unterzeichnet werden soll. Es soll deutlich weiter gehen als die bisherigen Absichtserklärungen und könnte – sollte es zur Unterzeichnung kommen – direkte Planungen nach sich ziehen, sagte Gorholt.
Doch der Staatssekretär hält weiterhin an dem schlicht-modernen Entwurf des Berliner Architekten Haberland fest, der 2010 die Ausschreibung gewonnen hatte. Genau dieser war aber vor zwei Jahren der Auslöser für den Zwist in der Stadt: Einigen Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde Potsdam war der Entwurf zu wenig sakral, auch an der Raumaufteilung im Inneren gab es Kritik. Aus Protest traten sie 2010 aus und gründeten eine neue Gemeinde, die Synagogengemeinde. Heute zählt diese dem Ministerium zufolge 149 Mitglieder, die Jüdische Gemeinde 374.
Seitdem gab es zahlreiche Vermittlungsversuche zwischen den Gemeinden, auch eine Mediation wurde 2012 durchgeführt. Eine jüdische Organisation hielt sich dabei zunächst demonstrativ raus, nämlich die offiziellen Angaben zufolge 256 Mitglieder zählende Gesetzestreue Jüdische Gemeinde Potsdam. Doch nun sitzt sie mit am Tisch, was wiederum die Position der Synagogengemeinde möglicherweise schwächen könnte. Denn die Gesetzestreue Gemeinde hat – genauso wie die Jüdische Gemeinde Potsdam – nichts am Haberland-Entwurf auszusetzen. Und es gibt einen weiteren Faktor, der die beiden Gemeinden eint: Im Gegensatz zur Synagogengemeinde sind beide nicht im Landesverband organisiert.
Verschärft wird die Situation momentan durch den zeitlichen Faktor: Schließlich sind die Gelder in der laufenden Legislaturperiode eingeplant, und diese endet im Herbst 2014. Zumindest die Bauarbeiten müssten also vorher begonnen werden, damit das Geld nicht erneut erkämpft werden muss.
Auch die Opposition im Landtag verliert langsam die Geduld. Eigentlich verbiete der Respekt gegenüber anderen Religionen eine Einmischung in interne Angelegenheiten, teilte der CDU-Abgeordnete Steeven Bretz am Mittwoch mit. „Doch beim Thema Neubau einer Synagoge in Potsdam ist so langsam, aber sicher das Ende der Fahnenstange erreicht.“ Er appelliere an alle Beteiligten, sich alsbald auf eine tragfähige Konsenslösung zu verständigen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass das Projekt zerredet werde und ein Scheitern drohe.
Die alte Potsdamer Synagoge stand einst am Wilhelmplatz (heute Platz der Einheit). 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten geschändet, während des Krieges durch Brandbomben zerstört. In der Schlossstraße sollen die Potsdamer Juden endlich wieder ein würdiges Gotteshaus bekommen.
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