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Sport: Stimmungswechsel an der Mauer

Regionalliga-Handballer des 1. VfL Potsdam verloren beim SV 63 Brandenburg West mit 22:24 (13:15)

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Eigentlich weiß jeder Reisende, dass mit einem abruptem Ortswechsel nicht automatisch ein plötzlicher Stimmungswechsel verbunden sein muss. Wohin die Fahrt auch geht, kleinere Nöte und größere Sorgen werden häufig ungewollt mitgeschleppt. Dennoch hegen Reisende beständig aufs Neue die Hoffnung, dass die räumliche Distanz auch zur Entfernung von den Angelegenheiten des Alltags beiträgt. Den Regionalliga-Handballern des 1.VfL Potsdam fehlte am vergangenen Samstag womöglich beim kurzen Sprung hinüber ins nahe Brandenburg die gemeinschaftliche Anreise mit dem Mannschaftsbus zur Konzentration auf den Anspruch, den eine Partie beim SV 63 Brandenburg West stellt. Man war mit Autos unterwegs, was womöglich mittelbaren Einfluss auf das unerwartete 22:24 (13:15) beim Derby hatte. Zustande kam die erste VfL-Punktspielniederlage des Jahres 2008 in unmittelbarer Nähe der Mauer zur Justizvollzugsanstalt Brandenburg. Die Potsdamer wirkten dabei nach acht Meisterschaftsspielen ohne Niederlage wie Gefangene ihrer eigenen Selbstsicherheit, von der nach der Partie nichts übrig geblieben war. Der binnen zwei Stunden bei den Potsdamer Spielern zu beobachtende Stimmungswechsel frappierte geradezu.

Die Potsdamer scheiterten vor 530 Zuschauern in der Sporthalle an der Max-Josef-Metzger-Straße an vielfältigen Unzulänglichkeiten. Dass ihr erst 18-jähriger Torhüter Sebastian Schulz in Vergleich zu seinem um sage und schreibe 23 Jahre älteren Brandenburger Pendant Matthias Junge vorgestern umfassende Nachteile hatte, ist so zu akzeptieren. Junge, früher bei Stahl Brandenburg und dem SC Dynamo Berlin zwischen den Pfosten stehend und auch jenseits der Vierzig sehr reaktionsschnell und beweglich, hielt gegen die Potsdamer insbesondere nach der Pause phantastisch. Neun ihrer so genannten freien Würfe brachten die Gästespieler nicht an Junge vorbei. Insbesondere Andrzej Bieganskis Auftritte frei vor Gegners Torwächter hatten schon etwas Bemittleidenswertes.

Streng genommen brachten vorgestern nur zwei VfL-Spieler die erforderliche Spannung auf: Der von seinen Kontrahenten immer im Rahmen des Reglements „bearbeitete“ Victor Pohlack ließ nie locker und Jörg Reimann wies nach, dass ihm dieser Tage nicht nur der Umgang mit dem Kugelschreiber recht locker von der Hand geht, sondern sein verbales und körperliches Engagement trotz einer ab Sommer gültigen vertraglichen Bindung an den Liga-Kontrahenten HSV Insel Usedom für den VfL schwer wegzudenken ist. Enrico Bolduan lies sich stimmungsmäßig zu sehr von drei Würfen ans gegnerische Gehäuse beeindrucken. Die Summe anderer Ausfälle führte folgerichtig in die Niederlage.

„Wir waren heute richtig brennig“, freute sich Brandenburgs Trainer Peter Höhne. Steffen Baumgart, sein Linksaußen und vierfacher Torschütze, beschämte mit seiner Leistung den ehemaligen Zweitligisten, der ihn vor reichlich zwei Monaten ohne Not aussortierte.

1.VfL Potsdam: Schulz, Müller; Böhm, Pohlack 4, Lenser 1, Bieganski 2, Bolduan 5/1, Piske 3, Schmidt 3, Reimann 4/1, Kübler, Schugardt.

Thomas Gantz

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