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Interview zum Wiederaufbau: Stolpe: Noch viel Aufklärungsarbeit zu Garnisonkirche notwendig

Seit Jahren wird um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche gerungen. Wegen der zwiespältigen Geschichte des Baus ist das Projekt aber umstritten. Ein vehementer Verfechter des Vorhabens ist der frühere Brandenburger Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD).

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Wie wollen Sie Kritiker überzeugen?

Wir brauchen in Potsdam einen markanten Ort, der zur Auseinandersetzung mit Rassismus, Fremdenhass, Gewalt und Intoleranz aufruft. Das barocke Potsdam ist erst wieder heil mit dem Landtagsschloss und dem Garnisonkirchturm. Noch wichtiger ist mir der Wiederaufbau der Turmkapelle. In Abkehr von Faschismus und Militarismus wurde sie 1947 als Heilig-Kreuz-Kapelle geschaffen und widerrechtlich von Ulbricht abgerissen.

Für den Wiederaufbau sind 100 Millionen Euro eingeplant. Gespendet wurden bislang erst 6,5 Millionen Euro. Das ist noch nicht viel. Woran liegt es?

Die böse Nazipropaganda 1933, das Foto mit Hindenburg und Hitler vor der Garnisonkirche als Vereinnahmung Preußens weltweit zu verbreiten, lastet schwer auf dem Wiederaufbauprojekt. Wohlmeinende Sponsoren fürchten, als Nazianhänger verdächtigt zu werden.

Manfred Stolpe, geboren am 16. Mai 1936, war von 1990 bis 2002 Ministerpräsident in Brandenburg. Von 2002 bis 2005 war er Bundesminister für Verkehr, Bau und Wohnungswesen und Beauftragter der Regierung für die neuen Bundesländer.

Warum sollte aus Ihrer Sicht doch für die Garnisonkirche gespendet werden?

Tatsächlich waren in keiner anderen Kirche Deutschlands so viele Nazigegner engagiert. Aus keiner anderen Kirchengemeinde kamen so viele Männer und Frauen, die im Widerstand gegen Hitler waren und deswegen hingerichtet wurden. Hier muss noch sehr viel Aufklärungsarbeit geleistet werden - auch über den Sinn des Wiederaufbaus.

Wann wird die Kirche wieder zum Stadtbild gehören?

Mit etwas Glück ist zu schaffen, dass der Turm mit der Kapelle zum 31. Oktober 2017, dem Reformationsjubiläum, fertig sein wird. Aber auch der 29. Oktober 2018, der Gedenktag an das Toleranzedikt von Potsdam, wäre ein gutes Ziel. Denn die Toleranz wurde europaweit zuerst in Potsdam zur Pflicht gemacht, wurde bei den Nazis mit Füßen getreten und muss immer wieder in Erinnerung gerufen werden.

Das Gespräch führte Gudrun Janicke/dpa

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