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Landeshauptstadt: Strafen der Stiftung waren Unrecht

Amtsrichter: Bußgeldbescheid wegen illegalen Radfahrens wirkungslos, weil das Verbot aufgehoben wurde

Stand:

Juristische Niederlage für die Schlösserstiftung: Das Potsdamer Amtsgericht sprach gestern den Babelsberger Georg Bittcher von dem Vorwurf frei, ordnungswidrig gehandelt zu haben, als er vergangenen Mai im Park Babelsberg auf dem Fahrrad fuhr. Am 4. Mai 2007 hatten zwei Parkwächter den 48-Jährigen und seinen Sohn nahe des Parkeingangs Grenzstraße angehalten, weil dort laut der damals geltenden Parkordnung selbst das Schieben von Rädern verboten war. In der Folge erhielt Bittcher einen Bußgeldbescheid über 43,45 Euro, gegen den er nunmehr erfolgreich Einspruch einlegte.

Allerdings richte sich das Urteil nicht gegen die Parkordnung an sich, betonte der zuständige Richter Dirk Lorenz – über mögliche Ermessensfehler bei deren Aufsetzung müssten beispielsweise Verwaltungsgerichte entscheiden.

Bittcher und seine gestern verhandelnde Anwältin Gabriele Wagner sind aktive Mitglieder der Bürgerinitiative Babelsberger Park. Die Gruppe setzt sich seit Anfang vergangenen Jahres dafür ein, den Park der Schlösserstiftung weiter als „Naherholungsgebiet“ zu nutzen – und bekämpft deswegen eine aus ihrer Sicht allzu rigide Parkordnung. Die Stiftung argumentiert in dem Konflikt mit ihrem Auftrag, den Welterbe-Park für spätere Generationen zu bewahren. Eine allzu freie Nutzung – etwa mit Fahrrädern – würde den Bestand der Parks gefährden.

Nach Bürgerprotesten hatte Stiftungsdirektor Hartmut Dorgerloh im Januar dieses Jahres eine Allgemeinverfügung erlassen, wonach das Fahrradfahren auf bestimmten Wegen bis Ende 2009 erlaubt wird – in allen Parks zur Probe. Mit dieser vorläufigen Aufhebung der Verbote – auch am Parkeingang Grenzstraße – begründete Richter Lorenz den Freispruch für Bittcher. „Wenn das Fahren hier nun erlaubt wird, ohne dass sich etwas verändert hat, muss auch das Fahren vor der Verfügung straffrei sein “, so der Richter.

Als Vergleich wählte Lorenz die frühere Strafe für Beziehungen zwischen homosexuellen Männern: Nachdem dieses gesetzliche Verbot abgeschafft worden sei, hätte auch niemand mehr für Handlungen bestraft werden können, die vor dem Fall des Gesetzes angezeigt wurden. In solchen Fällen gelte der maßgebliche Zeitpunkt, wann verurteilt werde – gelte eine damals illegale Handlung unter gleichen Bedingungen inzwischen als legal, müsse sie auch rückwirkend als straffrei betrachtet werden. Der Richter bestritt auch den Einwand von Stiftungsjustiziarin Roswitha Senger, mit dem Urteil werde gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen – weil schon Bußgelder auf Grundlage der früheren Parkordnung gezahlt seien. So hätte nur der „Glück“, wer wie Georg Bittcher dagegen vorgehe. Richter Lorenz ließ dieses Argument nicht gelten: „Wir können, weil zwei andere zu Unrecht gezahlt haben, nicht noch einen Dritten zu Unrecht verurteilen: Das ist ein Rechtsstaat.“

Nach ihrer Niederlage gab sich Stiftungsjustiziarin Senger dennoch zufrieden: „Das ist nicht weiter problematisch.“ Es gebe allerdings noch „einige solcher Fälle.“ Wichtig sei, dass die Parkordnung an sich auch nach dem Urteil weiter gelte und nicht angegriffen sei. Richter Lorenz hatte auch den Einwand kommentiert, die Parkordnung und ihre Verbote seien prinzipiell unverhältnismäßig: Solch ein Empfinden reiche nicht aus, sich nicht an geltende Regeln zu halten, so der Richter – dies sei zum Beispiel bei Tempobeschränkungen im Straßenverkehr ähnlich.

Rechtsanwältin Wagner kritisierte dagegen Stiftungschef Dorgerloh, dass es überhaupt zum Termin vor Gericht kommen musste. Sie habe Dorgerloh bereits nach seiner Allgemeinverfügung einen Brief zugesendet und um „Amnestie“ für Bußgeldbescheide bis zu diesem Zeitpunkt gebeten. Auch habe sie damals bereits die geltende Rechtslage dargelegt – ohne Erfolg, so Wagner: „Diese Vorgehensweise der Stiftung ist nicht gut.“

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