Landeshauptstadt: Straßen zu Rosenbeeten
Ein Besuch im Konrad-Wolf-Park. Die riesige Grünfläche im Herzen von Drewitz lädt Kinder und Erwachsene zum Verweilen ein
Stand:
Es ist ein Stock. Ein ganz gewöhnlicher. Schon ziemlich ramponiert. Doch jetzt, an diesem Vormittag im September, sorgt der geschundene Knüppel für viel Spaß. Ein Junge hat ihn in die Austrittsöffnung einer kleinen Fontäne gesteckt. Immer wieder setzt er nach, drückt und schiebt das Holz so lange hin und her, bis er zufrieden ist. Nun kommt die Fontäne, die vorher nur ein paar Zentimeter in die Höhe blubberte, ordentlich emporgeschossen. Vielleicht misst ihr Strahl jetzt einen Meter, eventuell ein wenig mehr.
Den Sommer über sei er ganz oft hier gewesen, am Wasserspielplatz im Konrad-Wolf-Park. Er heiße Justin und wohne in Drewitz. Gemeinsam mit Jason, seinem Freund, ebenso wie er zwölf Jahre alt, verbringt er viel Freizeit an diesem Ort. „Immer wenn warmes Wetter ist, gehen wir hier rein.“ Also mit den Füßen hinein in das flache Wasserbecken, in dem ein paar Fontänen vor sich hin blubbern. Meist sei das Wasser auch sauber. Man könne gut darin spielen. Eckhardt Stern, ein Herr, der auf einer Bank neben dem Wasserspielplatz sitzt und dessen Rollator vor ihm steht, hat da so seine Zweifel. „Ich verstehe eines nicht“, meint der 70-Jährige und schaut auf den Wasserspielplatz: „Nämlich, dass Kinder in dem Becken baden. Manchmal ist das eine ganz schöne Plörre.“ Auch direkte Anwohner sehen das so. Doch Justin und Jason können sich kaum erinnern, das Becken je dreckig erlebt zu haben. Es kämen häufig Leute, die das Bassin reinigen, sagen sie.
Ansonsten aber ist auch Eckhardt Stern angetan von dem Park, der erst vor ein paar Monaten fertiggestellt wurde. „Alle Achtung“, sagt er und lobt damit all jene, die dafür gesorgt haben, dass jede Menge Grün entstanden ist. Den Sommer über habe er mit seiner Frau oft Zeit im Park verbracht. Stern zeigt auf eine Stelle im Park. „Wir setzen uns abends um fünf dort oben hin, dort ist eine Bank, die steht ein bisschen im Schatten unter Bäumen. Das ist sehr angenehm.“
Für Carsten Hagenau vom Arbeitskreis Stadtspuren ist der Konrad-Wolf-Park die „zentrale städtebauliche Idee“ in dem Gesamtkonzept zur Umgestaltung des DDR-Plattenbaugebiets in eine Gartenstadt. Das Wohngebiet, dessen letzte Häuser erst 1991 fertiggestellt wurden, besaß lange kein besonders gutes Image. Als die Platte immer mehr in Verruf geriet, da schien das Wohnviertel irgendwie abgehängt.
Aber dann kam vor einigen Jahren die Idee auf, das Stadtviertel zur Gartenstadt umzubauen. Die Innenhöfe sollten grüner werden, auch ein paar mehr Privatgärten dort entstehen. Und dann das: mitten auf der Konrad-Wolf-Allee ein Park. Viele Anwohner schüttelten nur den Kopf. Nicht zuletzt fürchteten sie um ihre Parkplätze. Und die sind jetzt, wo es den Park gibt, unter den Anwohnern immer noch ein Thema. Viele Stellplätze sind heute privat. Wer dort unberechtigt parkt, dem droht eine teure Huckepackfahrt seines Autos: „Dann werden Sie für 170 Pfeifen abgeschleppt“, sagt ein Mann. „Vollkommen unzweckmäßig“ findet er den Umbau der Konrad-Wolf-Allee. „Dass man hier weder vor- noch rückwärts kommt, wenn hier einer steht“, kann er nicht gutheißen – und meint damit die beiden schmalen Fahrbahnen am Rand des Parks. Und wo er schon einmal am Schimpfen ist: Vor den beiden sanierten Häusern am Rand des Parks könne man so dicht an den Balkons der Erdgeschosswohnungen entlanglaufen, dass man den Bewohnern im Erdgeschoss in die Kaffeetassen schauen kann. Doch rein optisch hält auch er den Park für gelungen.
An diesem Septembertag ist es ein Meer von Rosen mit ihren rötlichen und gelben Farbtönen, das hier tatsächlich optisch beeindruckt. Wo früher graue Fahrbahnen waren, leuchten nun die Königinnen der Blumen. Wo gibt es das schon, dass sich Straßen in Rosenbeete verwandeln? Und mittendrin im Park, durch den nach wie vor die Straßenbahn fährt, sind Sitzkissen aus Beton zu sehen. Entworfen hat sie das Büro der Landschaftsarchitektin Pia von Zadow, das auch die Pläne für den Park ausgearbeitet hat. Mit ihren rundlich-geschwungenen Formen wirken die skulpturalen Sitzkissen so weiblich, dass sicher sogar Oscar Niemeyer, inzwischen verstorbener Stararchitekt aus Brasilien, seine Freude gehabt hätte. Sah Niemeyer, der einst für Potsdam ein Schwimmbad bauen wollte, doch immer einen Zusammenhang zwischen seinen kurvigen Entwürfen und den Formen einer Frau. Pia von Zadow jedenfalls freut sich, wenn die Kissen besetzt sind. Und sie hofft, dass ihr Park auch Potsdamer aus anderen Stadtteilen anzieht. Mindestens zweimal im Jahr, zur Rosenblüte.
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